Welthits, Schwelgerei und Tränen

Esch/Luxemburg · Es ist ein wunderbarer Abend voller Welthits, den der Soul- und Pop-Superstar Lionel Richie am Freitag in der Rockhal in Esch mit 4000 tanzenden und singenden Fans zelebriert. Nach 45 Bühnenjahren und 100 Millionen verkauften Alben präsentiert sich Richie so fit und charmant wie eh und je. Das Publikum feiert und schwelgt in Erinnerungen.

 Schwelgerei, Gesang, Tränen und ein großartiger Lionel Richie

Schwelgerei, Gesang, Tränen und ein großartiger Lionel Richie

Foto: Dirk Tenbrock

Esch/Luxemburg. Es gibt wohl niemanden in der Generation der Ü-30-Jährigen, der noch nicht zur Musik von Lionel Richie oder seiner ehemaligen Band, The Commodores (1969-1982), gefeiert oder getanzt hätte. Ganz sicher gilt das für die über 4000 enthusiastischen Fans im weiten Karree der Rockhal in Esch (Luxemburg).
Sie bereiten einem der erfolgreichsten Popstars aller Zeiten einen frenetischen Empfang, dem der Mann aus Alabama mit echter Freude begegnet. Er strahlt, seine Augen leuchten, genüsslich fährt er sich mit der Zunge über seine voluminösen Lippen und den stilbildenden Schnäuzer, die Zähne leuchten so weiß wie die Tasten seines Flügels.
Mit seinen 65 Jahren ist Richie in großartiger Form, rank und schlank wie eh und je, die dichten Haare sind kürzer als früher. Wenn ein Chirurg Richies Gesicht ein wenig gestrafft haben sollte, dann war es wenigstens ein sehr guter.
"We have been together for a very, very long time", sagt er und die Zuhörer seufzen und schwelgen in sentimentalen Erinnerungen ob der langen, langen Zeit, die sie nun schon mit seiner Musik verbracht haben. "You are getting old and I stayed young", scherzt der Sänger mit feiner Selbstironie, die seine witzigen Moderationen über die Zeit, als die Zuschauer noch mit Kassettenrecordern hantierten, durchzieht.
Das Motto des Abends lautet "All The Hits, All Night Long", dafür müssen dann knapp zwei Stunden ausreichen, mehr würde die Kondition - auch der Zuschauer - wohl auch überfordern. Richie blüht, ganz Rampensau, bei den Reaktionen des Publikums auf, arbeitet und schwitzt, zeigt aber keine Ermüdungserscheinungen. Seine Stimme hat immer noch viel Kraft, ist allenfalls etwas metallischer geworden und in den Höhen (etwa bei "Dancing On The Ceiling" oder "Running With The Night") muss er sie ziemlich stützen. Aber das gelingt ihm als Vollprofi eben fantastisch.Zuschauer tanzen ausgelassen


Der erste Teil des Konzerts gehört dankenswerterweise ganz den 70er-Hits seiner früheren Band The Commodores. Echte R&B- und Funk-Liebhaber kommen bei "Brick House" und "Lady (You Bring Me Up)" auf ihre Kosten und zappeln ausgelassen wie einst in den angesagten Diskotheken. "Das habe ich seit 1984 nicht mehr gesehen, wie du tanzt", sagt Richie kokett zu einer Zuschauerin in den vorderen Reihen und erntet weitere Lacher. Bei den Balladen "Still", "Sail On" und "Three Times a Lady" entfacht das Publikum ein Meer aus Smartphone-Lichtern, früher haben sie sich die Finger noch an Billigfeuerzeugen verbrannt. Die Zeiten ändern sich eben, oder doch nicht wirklich?
Bei "Endless Love" wird Diana Ross - ein verfrühter Aprilscherz - angekündigt, ihren Part im bittersüßen Duett von 1981 übernimmt dann gerne das absolut textsichere Publikum. Hach ...! Natürlich spielt Richie auch "Hello (Is it me you\'re looking for?)", ein übler Schmachtfetzen, der an ihm klebt wie "The Lady in Red" an Chris de Burgh. Beim latein-amerikanisch groovenden "All Night Long" explodiert die Stimmung, alle Hände klatschen über den Köpfen, die distinguierte Lady im Paillettenkleid bricht in Freudentränen aus: Schöner kann es nicht werden. Oder doch? Als Zugabe beschließt "We Are The World (ja, auch das hat er - 1985 zusammen mit Michael Jackson und Quincy Jones - geschrieben!) einen wirklich großen Abend mit überwältigender Licht- und Videoshow und einem riesigen Zuschauer-Chor. Fiesta, forever!

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