Wenn Männer schwanger würden

BERLIN. Es gibt ein Patentrezept. Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) kennt es. Dann würden Fragen nach Kind und Karriere, nach Teilhabe an Macht in Politik und Wirtschaft anders beantwortet als das heute der Fall ist. "Am besten wäre es", so Schmidt gestern in Berlin bei einer launigen Podiumsdiskussion zum 20. Geburtstag des Bundesfrauenministeriums, "wenn die Männer schwanger würden".

Zwei Jahrzehnte, nachdem die Belange der Frauen ministrabel geworden sind, geht auch das nicht. Vieles hat sich bewegt, aber vieles eben noch nicht. Sämtliche Ministerinnen der großen Koalition waren angetreten, dazu die Kanzlerin, die erste Frauenministerin Rita Süssmuth und sechs junge Menschen, um über die Gleichstellungspolitik zu sprechen. Mit erstaunlich freimütigen Bekenntnissen - zum Beispiel von Angela Merkel: Sie habe ja nie gedacht, dass nach ihren Erfahrungen in der ehemaligen DDR die Frauenfrage in ihrem Leben noch einmal eine so wichtige Rolle einnehmen werde. Diskussion dauert nun schon 20 Jahre

Ohnehin gab es kaum eine Teilnehmerin, die nicht anmerkte, dass man heute teilweise immer noch über Dinge debattiert, die schon vor 20 Jahren in der Bundesrepublik auf der Agenda standen - wie die Verbesserung der Kinderbetreuung. Kurz rollte Merkel mit den Augen, als Rita Süssmuth dann den von Männern geprägten Begriff des "Mädchens" nutzte, die jetzt Kanzlerin sei, und die damit den Belangen des weiblichen Geschlechts einen ordentlichen Schub verliehen habe. Merkel mag die verniedlichende Bezeichnung nicht. Erfolgreiche und machtbewusste Frauen sind für die Ostdeutsche nichts aus der Art Geschlagenes. Es gibt nur zu wenige, die es sind; und die die Chance dazu in der Politik, in Forschung oder Wirtschaft erhalten. Merkel mahnte an, das Frauen lernen müssten, rationale Bündnisse untereinander zu schließen. Die Zeit der männlichen "Alphatierchen" sei schließlich noch lange nicht vorbei, ergänzte Gesundheitsministerin Schmidt keck: "Da brauche ich mir nur die Riege der Ministerpräsidenten anzuschauen" - bei Merkel erkannte man innere Zustimmung. Bundesfrauenministerin Ursula von der Leyen sprach von der erweiterten Rolle der Männer, obwohl einige leider immer noch denken würden: "Mein Frau kann etwas dazu verdienen, wenn sie zuhause die Arbeit schafft." Dass mancher Vater sich erst als Großvater um die Kinder kümmern könne, so Merkel, "und das dann bedauert, ist bekannt". Viele Männer seien eben nicht mutig genug, zuhause zu bleiben und die Kindererziehung eine Zeit lang zu übernehmen. Wobei: "Deutsche Männer sind schon weiter in Gleichstellungsfragen" als die Politik mitunter glaube, kommentierte Tilmann Lahann (26) aus Saarbrücken. Die Frage nach Karriere oder Kind "wird viel zu wenig den Männern gestellt", kritisierte hingegen Marina Bucher (22) aus Regenstauf - und erntete ein eifriges Nicken der Kanzlerin. Rita Süssmuth warnte schließlich: "Es gibt immer auch Rollback-Bewegungen." Versuche also, das bislang Erreichte wieder zu revidieren. Nicht nur von Männerseite. Dass alle "Kinder geschädigt sind, die nicht bis zum dritten Lebensjahr bei der Mutter bleiben", sei so eine Diskussion, meinte Süssmuth. Eva Herman lässt grüßen.

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