Wer soll den ganzen Hummer essen?

BITBURG. (uhe) Über "Spielregeln", die für den Umgang untereinander wichtig sind, hat Moritz Freiherr Knigge in Bitburg referiert – und dabei die Gelegenheit genutzt, über seinen berühmten Vorfahren, dem "Benimm-Papst" Adolph Freiherr Knigge, ein wenig aufzuklären.

Wo die Etikette beim Essen fehle - und dass sei bei vielen jungen Menschen heute leider der Fall -, würden Mc-Donalds-Tüten aus dem Autofenster fliegen, ist ein älterer Herr in der ersten Reihe überzeugt. Und auch Adolph Freiherr Knigge hätte dieses Verhalten sicherlich verurteilt, hat sich der deutsche Schriftsteller doch schließlich in seinem wohl bekanntesten Werk "Über den Umgang mit Menschen" viele Gedanken dazu gemacht, wie sich die Menschheit verhalten sollte. Das war 1788. Autos gab es damals noch nicht, ebensowenig wie Fastfood, dafür aber ganz klare Regeln, wie man sich an Tisch zu benehmen hat. Etikette ist schließlich alles. "Ich frag mich, wer den ganzen Hummer essen soll, der in Etikette-Lehrgängen angeboten wird", sagt Moritz Freiherr Knigge, Nachfahre des berühmten und viel (falsch) zitierten Autors, der nicht nur dessen Namen trägt, sondern sich auch in der Pflicht sehe, den Irrglauben, der damit verbreitet werde, aus dem Weg zu räumen. 2004 erschien sein Buch "Spielregeln. Wie wir miteinander umgehen sollten", eine Art zeitgemäße Adaption des berühmten Werkes, aus dessen Inhalt der Autor an diesem Abend im Bitburger Haus Beda vor 80 Menschen vorträgt. Wer sich aus der Lektüre des Buchs Erkenntnisse darüber erhofft, ob Fisch nun mit dem Messer gegessen werden darf, womit die Kartoffel zerkleinert wird, oder was mit der Serviette nach dem Essen passiert (Knigge: "Ich hab keine Ahnung"), wird schnell enttäuscht. "Die Idee der Etikette ist nur dafür da, ein angenehmes Umfeld zu schaffen", sagt Knigge, "aber sie dient nicht dazu, Menschen nach ihrem Wert zu beurteilen." Dafür seien ganz andere Dinge wichtig, wie beispielsweise Beherztheit, die Fähigkeit, Fehler zu erkennen und einzugestehen, oder aber "eine gewisse Souveränität, einfach mal über den Dingen zu stehen", erklärt Knigge. "Das Aufregen über etwas muss man sich erst verdienen, indem man versucht, etwas daran zu ändern", fügt er hinzu und fasst in einem Satz zusammen, worum es ihm gehe und es auch Adolph Freiherr Knigge gegangen sei: "Ich führe ein angenehmes Leben, wenn es mein Gegenüber auch tut". Heute würde man das als "Win-Win" (Doppelsieg-Strategie) bezeichnen. Wer danach lebe, sei ein lebenskluger Mensch, ist der Autor des Buches "Spielregeln" überzeugt, zu dessen Lesern auch die Fernsehautorin Nina Ruge gehöre - zumindest habe er das in einer Fernseh-Talkshow gesehen, erklärt Knigge. Auf die Frage, welches Buch sie mit auf eine einsame Insel nehmen würde, habe Nina Ruge sein Buch genannt, was Knigge allerdings doch etwas wundert: "Ich frage mich, was Frau Ruge mit meinem Buch auf einer einsamen Insel macht."

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