Werk, Solist und Orchester als Einheit

TRIER. (gkl) Das Violinkonzert d-Moll von Richard Strauss ist auf den Konzertprogrammen nur selten zu finden. Sehr zu unrecht, wie der Geiger Torsten Janicke beim sechsten Sinfoniekonzert im Trierer Theater eindringlich belegte.

Es gibt Dinge, die sind peinlich, jedoch kann man sie einfach nicht ändern. Etwa, wenn ein Dirigent zu Beginn eines Werkes schon den Taktstock erhoben hat, und dann die Spannung durch ein kräftiges Niesen zerstört wird. Niemand mag dann in der Haut des Niesers stecken, und man geht "taktvoll" darüber hinweg. Ob es sinnvoll ist, dass sich der Dirigent umdreht und in die Richtung des Geschehens ausruft "Tod durch Erkältung" (in Anspielung auf das folgende Werk "Tod und Verklärung), darüber kann man geteilter Meinung sein. Selbst unter der Voraussetzung, dass der lachende Generalmusikdirektor (GMD) die Bemerkung scherzhaft gemeint hat. So geschehen beim sechsten Sinfoniekonzert im Trierer Theater. Zumal GMD István Dénes eigentlich wenig Grund hatte, so übermütig zu agieren. Zugegeben, das Hauptwerk des Abends, das Violinkonzert d-Moll von Richard Strauss, war ein beeindruckender Genuss. Kaum zu glauben, dass es sich hierbei um ein Jugendwerk handelte, das der 16-Jährige im langweiligen Mathematikunterricht niederschrieb. Der Grund für diese Sternstunde war der Solist, Torsten Janicke, Konzertmeister des Gürzenich-Orchesters Köln. Viele Passagen dieses Opus erfordern einen technisch hervorragenden und virtuos agierenden Solisten. Bedingungen, die Janicke ohne Probleme erfüllen konnte. Er beließ es aber nicht dabei. Vielmehr ging er auch in die Tiefe des Werkes, nahm all die vielen Passagen, die auf die spätere große Meisterschaft des Komponisten hinweisen, auf. Janickes gestenreiches Spiel riss auch die Trierer Philharmoniker mit. Musiker und Publikum konnten an seiner Körpersprache, die manchmal fast ins Tänzerische ging, deutlich ablesen, was der Protagonist fühlte, wie es jetzt weitergehen musste. Werk, Solist und Orchester als eine Einheit: Besser geht es nicht. Ouvertüre und Finale des Abends konnten hier nicht mithalten. Am Anfang stand die Sinfonie Es-Dur von Antonin Rejcha, einem tschechischen Klassiker und Freund Ludwig van Beethovens. Das Orchester fühlte sich bei diesem Werk offensichtlich nicht wohl. Die oberen Streicher waren viel zu stark besetzt, die Musik floss träge dahin und ließ jeden Esprit vermissen. Gleiches galt für die Tondichtung "Tod und Verklärung" von Strauss, mit der der Abend beschlossen wurde. Zwar muss man den Philharmonikern über weite Strecken ein präzises Agieren und ein sauberes Spiel attestieren. Wo aber war die Spannung, die Dramatik des Werkes, die zum einen allgemein bekannt, zum anderen im Programm ausführlich angekündigt wurde? Wenn hier ein Todeskampf dargestellt werden sollte, muss diese Stunde im Leben eines Menschen eine ziemlich gewöhnliche sein. Freundlicher Applaus im diesmal sehr spärlich besetzten Theater.

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