Wertvoller Stempel auf der Wasserleitung

TRIER. Konstantin auf dem Vormarsch: Mit den Palästen des Kaisers beschäftigt sich die neue Schau im Trierer Landesmuseum.

 Diese Darstellung des Palatiums findet sich in der Palastkirche Sant‘ Apollinare Nuovo in Ravenna.Foto: Katalog

Diese Darstellung des Palatiums findet sich in der Palastkirche Sant‘ Apollinare Nuovo in Ravenna.Foto: Katalog

Große Ereignisse werfen ihre Schatten voraus. Und wenn man dem Volksmund glauben darf, nach dem viel Schatten hingenommen werden muss, wo viel Licht ist, so dürfte die angekündigte Konstantin-Ausstellung ein geradezu glänzendes Ereignis werden. Als Herold der geplanten Super-Schau betätigt sich derzeit die neueste Ausstellung des Rheinischen Landesmuseums in Trier. Vorab versucht "Palatia" Licht ins weitgehende Dunkel um die Paläste des römischen Kaisers zu bringen. Ursprünglich beschränkte sich die Schau, deren Kern von der italienischen "Associazione Palatina" in Istanbul und der Yildidiz Teknik Universität erarbeitet wurde, auf den einstigen Kaiserpalast in Konstantinopel und den Palast des Ostgotenkönigs Theoderich in Ravenna. Doch da Konstantin nun mal Trierer ist und dort mit der Basilika noch Reste seines einstigen Palastes vorhanden sind, war klar, dass die Schau um einen Trierer Beitrag erweitert werden musste. Zu sehen ist jetzt eine Ausstellung, die zwar exquisit daherkommt, was die wertvollen Exponate und die noble Präsentation angeht, aufs Ganze gesehen allerdings eher akademisch bleibt. Das liegt nicht zuletzt am Thema. Genaues weiß man eigentlich nicht über die Residenzen der beiden Kaiser, und auch über die Person Konstantins ist wenig bekannt. Als reaktionärer Machtpolitiker stellt sich der Römer dar, der nach den zeitlosen Gesetzen der Macht platt machte, was ihm im Wege stand, die Erbmonarchie wieder einführte und sich eines umfangreichen Beamtenapparats versicherte. Und auch seine Begeisterung fürs Christentum dürfte wohl eher ein politischer Schachzug gewesen sein. Unter den beiden Residenzen des Kaisers ist Trier die ältere. Im Jahr 306 übernahm sie der neue Caesar von seinem verstorbenen Vater. Zwanzig Jahre später - inzwischen war er Alleinherrscher - verlegte Konstantin seinen Regierungssitz nach Byzanz. Im Mittelpunkt der Ausstellung steht die ehemalige Residenz am Bosporus. Eine Reihe Skizzen und Fotos vermitteln den aktuellen Stand der Ausgrabungen und wissenschaftlichen Erkenntnisse. Dargestellt sind dabei auch die zahllosen Überbauungen und Veränderungen. Für alle, die‘s konkreter lieben, steht ein Modell zur Verfügung. "Wir wollen den Palast verstehen", sagt Eugenia Bolognesi von der Associazione Palatina Istanbul. Weitgehend unbekannt und noch vielfach unverstanden bleibt auch der Trierer Palast. Unklar ist, wieviel Konstantin von seiner Palast- Aula übernommen und wer was angebaut hat. "Uns geht es darum, die Kontinuität der Jahrhunderte langen Bautätigkeit zu zeigen", erläutert Thomas Fontaine das Konzept der Trierer Museumsleute. Der dokumentiert denn auch - meist mittels Abbildungen -die Baugeschichte der Basilika. Auf Vermutungen angewiesen ist die Wissenschaft weitgehend bei Theoderichs Palast in Ravenna. Was an Funden und Belegen fehlt, versuchen allerdings sehr schöne Aquarelle aus dem 19. Jahrhundert zu ersetzen. Überhaupt fehlen weitgehend zeitgenössische Exponate. Dafür gibt es etwas höchst Seltenes zu sehen: ein römisches Kugelspiel des 5. Jahrhunderts aus dem Berliner Museum für Byzantinische Kunst. Das gute Stück wurde erst zum zweiten Mal ausgeliehen. Eine weitere Attraktion: ein Teil einer römischen Wasserleitung mit dem Stempel Theoderichs. Erfahrung mitbringen muss der Besucher schon bei dieser Schau und ganz sicher Begeisterung fürs Einzelstück. Vom 29. Juni bis 4. Januar, mo.-fr. 9.30 bis 17 Uhr, sa. u. so. 10.30 bis 17 Uhr, Katalog 20 €.

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