Wiedersehen im Moselland

BERNKASTEL-KUES. Exil-Moselaner Lothar Stadtfeld mit ei-nem Sinatra-Programm in der Mosellandhalle: Da mischen sich ins Entertainment schon mal ein paar private Bemerkungen. Viel Zeit für Proben war auch nicht da. Trotzdem ein fantastischer, ein hoch professioneller Auftritt.

Wenn jemand aus Dhron im fernen Berlin sein Glück gemacht hat und nun wieder im Moselland auftritt, ist natürlich vieles anders als sonst. Da grüßt Lothar Stadtfeld dann schon mal die Tanten, Neffen und Cousinen in der ersten Reihe, erinnert sich an Schülerfreundschaften und spricht den einen oder anderen Musiker der kurzfristig formierten Bigband "Night & Day" auch mal ganz persönlich an. Das gehört zum zum künstlerischen Heimspiel. Aber wenn Bandleader Thomas Bracht vom Klavier aufsteht und Einsätze gibt oder am Ende des Stücks abschlägt, wenn Stadtfeld selber den Rhythmus vorgibt und die Band präzise loslegt - dann nimmt die Wiedersehens-Gemütlichkeit ein ebenso jähes wie positives Ende. Stadtfeld, Bracht und die Musiker von "Night & Day" sind Profis. Sie können was, und sie zeigen, dass sie was können. Hinten agiert, eher unauffällig, die Rhythmusgruppe mit dem etwas leisen, aber nimmermüden Aku-stik-Bass. Rechts hat sich die Bläserformation postiert - fünf phantastische Saxophonisten, Posaunen und die Trompeten-Recken mit "Daisy" Becker an der Spitze. Vorne lenkt Bandleader Bracht die Musiker und schlägt in die Tasten des leicht verstimmten Klaviers. Macht nichts. Der Rhythmus hat Schwung und Präzision. Die Soli stimmen. Und der Sound springt regelrecht aus den Kulissen in die fast voll besetzten Zuschauerreihen. So starten sie rein instrumental mit "Take the A-Train" und nach der Pause "Jumping at the Woodside". Dann erscheint Stadtfeld und erzählt - ein bisschen von sich selber und viel von Frank Sinatra, von Erfolg, Niedergang und neuem Erfolg. Und liefert mit Songs des unvergessenen US-Stars eine professionelle Show, die von Anfang bis Ende Spaß macht: keine Durchhänger, keine billigen Witzchen, immer nah am Publikum, beweglich auf der Bühne und prima gesungen. Lothar Stadtfeld hat seine Gestik und seine Stimme im Griff und die Musik auch. In den schnellen Stücken kommt Freude auf, und in Stücken wie "I've got you under my skin" und noch mehr im "Summerwind" lässt er die Töne schmelzen, und die Saxophone schmelzen gleich mit. Die Formation ist eben nicht nur für den harten Sound gut, sondern sie versteht sich auch aufs Sanfte. Vielleicht hätten ein paar Ruhepunkte mehr dem Abend gut getan. Das Konzert bot selbstverständlich nicht die unverwechselbar amerikanische Atmosphäre mit ihrer Mischung aus Sex, Seele und Akrobatik. Und Lothar Stadtfeld hat natürlich nicht Frank Sinatras erotische Stimme. Aber er nennt sein Konzert ja auch nur bescheiden "A Tribute to Frank Sinatra".

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