Willkommen in der Hauptstadt der Gefühle

TRIER. "Hamburg kommt nach Hause" - so kündigt Kettcar-Sänger Marcus Wiebusch das vom TV präsentierte Konzert auf der Sommerbühne an. 600 Zuschauer freuen sich über die Seelenmassage der Indie-Popper.

"Wie heißt die Hauptstadt der Gefühle?", fragt Kettcar-Sänger Marcus Wiebusch, bevor er die Single "Landungsbrücken raus" anstimmt. "Hamburg!", rufen ihm hunderte Zuschauer entgegen. Klingt plausibel. Schließlich kommen Kettcar aus der Hansestadt - und so viele Emotionen wie auf die Debüt-CD "Du und wieviel von deinen Freunden" wurden schon lange nicht mehr in eine deutschsprachige Platte gepackt.In Hamburg findet Wiebusch die Inspiration für seine Texte. Dort befinden sich seine Helden: in den S-Bahn-Sitzen, auf dem Balkon gegenüber. In der Kneipe, im Delirium, im Zweifel.Inniges Verhältnis zu Trier

Hamburg ist die Gefühlshauptstadt? Wiebusch widerspricht. "Falsch. Trier." Schon klar, das klingt nach: Hier wird bei jedem Konzert der Name der Stadt ausgetauscht. Das ist persönlicher - und wenn nicht gerade (wie beim Konzert auf der Sommerbühne) die Hälfte der Zuschauer aus einem benachbarten Bundesland anreist, gibt es bei solchen Antworten wohl auch keine Buhrufe zu hören. Bei Kettcar kann man Anbiederungen getrost ausschließen. Ihr emotionales Verhältnis zu Trier hat andere Gründe. Schon zu alten Punk-Zeiten, als Teile der Band noch bei "Rantanplan" und " But Alive" spielten, waren die Hamburger Stammgäste im Exhaus. Deshalb spielen die Hamburger auch ihr letztes Konzert in diesem Jahr auf der Sommerbühne - und beweisen noch einmal, dass die Lobeshymnen der Kritiker berechtigt sind, bevor sich die Band in den nächsten Monaten wieder ganz auf das Songschreiben konzentriert.Nur etwa eine Stunde lang spielt Kettcar, vorher hat bereits Sänger und Gitarrist Olli Schulz (ebenfalls bei der "hauseigenen" Mini-Plattenfirma Grand Hotel van Cleef) für gute Stimmung bei den 600 Zuschauern gesorgt. Mehr gibt das Programm noch nicht her. Dafür kommt die Band aber ohne "Füller" aus: Neben dem kompletten Album spielen die Hamburger ein neues, noch unbetiteltes Stück und die Songs von der EP "So lange die dicke Frau noch singt, ist die Oper nicht zu Ende".Breakdance-Einlagen und das große Erbe

Höhepunkte in einer Show ohne Schwächen sind "Landungsbrücken raus" (mit einer etwas eigentümlichen Breakdance-Einlage von Wiebusch), das eingängige "Ich danke der Academy" und - als letzte Zugabe - "Das Skateboard kriegt mein Zahnarzt, den Rest kriegt mein Friseur". Und für das Publikum bleibt auch noch ein Rest: Beste Unterhaltung und eine ganze Menge Gefühl.

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