"Wir planen für den Notfall"

Nach den erneut gescheiterten Tarifverhandlungen für die Orchester-Musiker droht deren Gewerkschaft mit unangekündigten Streiks. "Alles ist offen", sagt auch die Sprecherin des Philharmonischen Orchesters der Stadt Trier.

Trier. Keine schönen Zeiten für Gerhard Weber, den Intendanten des Trierer Theaters. Da hat die neue Spielzeit gerade erst begonnen - und schon muss Weber damit rechnen, dass ihm die bereits Monate währende Tarifauseinandersetzung zwischen der Deutschen Orchestervereinigung (DOV) und dem Arbeitgeberverband Deutscher Bühnenverein (DBV) einen Strich durch die Rechnung macht. "Eine missliche Situation", sagt Weber und meint damit die von der Musiker-Gewerkschaft angedrohten Vorstellungsausfälle.

Bislang gab es am Trierer Theater nur zwei kurze Warnstreiks (der TV berichtete) der 47 Orchester-Mitglieder. Im Prinzip kein Problem: Die Vorstellungen der Offenbach-Oper "Hoffmanns Erzählungen" begannen jeweils eine Viertelstunde später. Sollten die Trie rer Philharmoniker aber die DOV-Androhung in die Tat umsetzen, wären Absagen wohl unvermeidlich, auch wenn der Intendant sagt: "Wir planen für den Notfall Ersatz-Vorstellungen."

Zumindest für die folgenden Tage gibt die Trierer Orchester-Vorsitzende Ursula Heckmann Entwarnung. "Die nächsten Aufführungen mit Orchester finden statt, wir wollen das Publikum auch nicht vergraulen", sagt die Cellistin. Das dürfte den Trierer Generalmusikdirektor Victor Puhl, mit dem sich Ursula Heckmann gestern morgen traf, zumindest ein wenig beruhigt haben. Allerdings machte Heckmann nach TV-Informationen in dem Gespräch auch deutlich, dass aufgeschoben nicht aufgehoben sei: "Alles ist offen." Kann im Klartext nur heißen: Alles ist möglich. Sogar ein unangekündigter Voll-Streik, mit dem DOV-Geschäftsführer Gerald Mertens unmittelbar nach Scheitern der Tarifgespräche am Montagabend gedroht hatte.

Eine bittere Pille aus Sicht der Trierer Theater-Leitung: Der Organisationsgrad könnte höher nicht sein. Laut Orchester-Sprecherin Heckmann sind alle 47 Musiker Mitglied im DOV. Riefe die Gewerkschaft also zum Streik auf, verstummten im Orchester-Graben alle Instrumente.

Kulturdezernent will "Gleichbehandlung"



Und worum geht's in der Auseinandersetzung zwischen DOV und DBV? Laut Musiker-Gewerkschaft wollen die Arbeitgeber die an den öffentlichen Dienst gekoppelte Vergütungsautomatik der Orchester deutlich einschränken. "Sinngemäß anpassen", nennt es die Gegenseite. Heißt im Klartext: Die deutschen Orchester-Musiker (Einstiegsgehalt: monatlich 2164,21 Euro brutto) sollen zwar mehr Geld bekommen; im Gegenzug aber würden ihnen Urlaubsgeld sowie Ortszuschläge gestrichen und das 13. Monatsgehalt gekürzt.

Veränderungen, die laut Theater-Leitung für Verwaltungsangestellte und andere künstlerische Mitarbeiter längst gelten. "Nun erhoffen wir uns ein Mindestmaß an Solidarität von den Musikern", heißt es in einer Stellungnahme des Theaters. Ähnlich sieht dies auch Kulturdezernent Ulrich Holkenbrink (CDU): "Uns geht es um die Gleichbehandlung im Theater mit seinen insgesamt 230 Mitarbeitern." Laut Holkenbrink kostet allein das Philharmonische Orchester die Stadt jährlich rund zwei Millionen Euro.

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