Wissen ist Macht

Letzte Woche entzündete eine für 2004 in Berlin geplante Ausstellung zur Geschichte der RAF eine heftige Diskussion in Deutschland. Während einige Mitbürger schon das Thema an sich einer Exposition nicht würdig befanden, argumentierten die Planer mit dem Bedarf nach Entmystifizierung der terroristischen Vereinigung - insbesondere für unsere Jugend. Hammer, oder? Was für eine Diskussion! Mitten im - laut Pisa-Studie - Bildungs-3. Welt-StaatDeutschland eine Entmystifizierungsdebatte über die Rote Armee Fraktion! Darf man mittalken? Dann kommt hier mein Statement: So ein Kokolores! Ich wette eins zu hundert, dass mindestens 75 Prozent aller deutschen Schüler und Studenten die RAF für ein englisches Mode-Label (raf, lautmalerisch für englisch: rau) halten und die MP unter dem Schriftzug für das passende Logo. Und Baader-Meinhof ist bestimmt ein Ort im Ruhrgebiet, so wie Wanne-Eickel! Wie zu einer solchen Behauptung komme? Zum Beispiel so: Gestern fiel mir die Notiz einer Kölner Tageszeitung in die Hände, nach der laut Forsa-Institut 99 Prozent aller Deutschen Gerhard Schröder kennen. Das ganze Ausmaß dieser Katastrophe wird allerdings erst mit dem zweiten Wert ersichtlich: Satte 51 Prozent wissen zusätzlich, dass Schröder unser Bundeskanzler ist! O.k., knappe Mehrheiten passen gut zu Schröder, trotzdem sei die Frage erlaubt was wohl die anderen 49 Prozent glauben, wer dieser Mann eigentlich ist. Ist das der Typ, der den "Steuersong" gesungen hat? Diese Gummipuppe aus der Bild-Zeitung, die so spricht wie Elmar Brandt? Oder spielt er vielleicht Gitarre bei Borussia Dortmund? Fragen über Fragen Und um hier den Faden von oben wieder aufzunehmen: Wie stehen diese 49 Prozent zur Dringlichkeit einer Entmystifizierungsdebatte über die RAF? Würden sie die etwa wiederwählen? Oder doch lieber den SSV? Und darum mein Tipp an die Austellungsjungs: Aufwachen, Freunde! Wenn ihr wirklich etwas entmystifizieren wollt - dann lehnt Euch entspannt zurück und lasst das den "Kaufhof" machen. Denn wenn erst mal genug Kiddies "Prada-Meinhoff"-Shirts getragen haben, gibt's die Dinger ganz unsubversiv genau dort zu kaufen. Gleich neben denen von Che Guevara. Entglorifizierung durch Banalisierung - so läuft das heutzutage in der "Bohlitik". Willkommen im 21. Jahrhundert und seht die ganze Sache doch mal so: Weiß nix? Macht nix!; Hauptsache: Es sieht gut aus!

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