Wo bleibt der Tokajer Wein?

Trier. (gkl) Eingentlich sollten im fünften Sinfoniekonzert des Städtischen Orchesters nur ungarische Komponisten zu Wort kommen. Das aus technischen Gründen dann ein Schweizer Tonsetzer mit ins Boot genommen werden musste, tat dem Erfolg des Abends keinen Abbruch.

Feuer und Flamme war GMD István Dénes beim letzten Sinfoniekonzert im Stadttheater, war mit Leib und Seele in seinem Element. Hatte er sich doch einen Abend zusammengestellt, der so ganz aus seiner Heimat Ungarn kam. Karl Goldmark, Franz Liszt und natürlich Zoltán Kodály fanden sich auf dem Programm und Eugen Zádor sollte es eigentlich auch noch sein. Aus technischen Gründen ging das nicht, weshalb man auf den Schweizer Paul Huber und vom Zimbal auf ein Hackbrett ausweichen musste. Das aber tat der Begeisterung von Dénes keinen Abbruch. Wer aber jetzt glaubt, Dénes habe die Werke nur nach seinem Gusto ausgesucht, der irrt. Zugegeben, das Konzert für Hackbrett und Orchester von Huber war ein wenig flach in der musikalischen Aussage. Trotzdem hatte es seinen Reiz. Wann hört man schon einmal ein Hackbrett in einem Sinfoniekonzert. Was an Tiefgang fehlte, machte die Solistin Viktória Herencsár mit treffsicherer Virtuosität wieder wett. Zunächst aber erklang Goldmarks Konzertouverture "Sakuntala", Opus 13. So, wie der GMD diesen ersten Erfolg des österreichisch-ungarischen Komponisten interpretierte, konnte man durchaus Lust auf Mehr bekommen. Das Oeuvre des Komponisten ist reichhaltig genug. Einen ganz anderen Bekanntheitsgrad hat Franz Liszt, dessen Mephisto-Walzer erklang. Rasant lies Dénes zum Tanz aufspielen und seine Musiker folgten ihm aufs Wort. Höhepunkt des Abends aber, gekrönt von langem Applaus und immer wiederkehrendem Bravo, war Kodálys "Háry János", der wahrscheinlich schönsten und gehaltvollsten musikalischen Lebensbeschreibung Ungarns. Getragen wurde die Qualität von einem durch alle Register ausgezeichnet agierenden Orchester, in dem sich auch Herencsár mit ihrem Hackbrett integrierte und den Gesangssolisten Eva-Maria Günschmann und László Lukács, die dem Qualitätsniveau des Orchesters in nichts nachstanden. Garniert wurde das Ganze durch kleine schauspielerische Einlagen des GMD, der mit napoleonischem Zweispitz und als sich drehender Glockenspielfigur belustigte. Ein Konzertabend, der gut zur fünften Jahreszeit passte und nur eine Frage offen ließ. Wo waren der Tokajer und das Gulasch?

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