Zeit für einen Wetter-Umschwung

TRIER. Keine Party ohne Klimaschock: So lautete von 1995 bis 2000 die Devise in den Konzerthallen und Open-Air-Locations rund um Trier. Die Testamentsvollstrecker der Neuen Deutschen Welle erspielten sich den Status des Unverzichtbaren. Fünf Jahre nach der Auflösung haben sie sich für eine Mini-Tour wiedervereinigt.

Es war an einem brütend heißen Juni-Tag Mitte der Neunziger Jahre. Die Verantwortlichen für die Porta-Bühne beim Trierer Altstadtfest hatten die unbekannte Nachwuchsband sicherheitshalber auf den Samstagnachmittag platziert. Neue Deutsche Welle? Das war so was von out. Markus, Nena, Hubert Kah - wer sollte das schon hören wollen? Und dann der Name "Klimaschock", der entweder Öko-Polit-Rock oder Hard-Core-Punk erwarten ließ. Kein Wunder, dass das Publikum auf dem großen Porta-Vorplatz dünn gesät war. Aber es dauerte keine halbe Stunde, bis der charismatische Vorsänger auch den letzten Fußlahmen im Umkreis von 50 Metern zum Tanzen bewegt hatte. Weitere 30 Minuten später hatte sich das Zuschaueraufkommen vervielfacht, und als die Musiker am Ende in Sturzfluten von Schweiß die Ovationen des Publikums entgegen nahmen, zückten die Kenner der einheimischen Musikszene das Notizbuch und notierten weise: "Klimaschock, diesen Namen muss man sich merken." Ein paar Monate später war das nicht mehr nötig. Die neue Deutsche Welle geriet Jahre nach ihrem Abebben zum Kult-Objekt einer ganzen Generation, und Klimaschock surfte beim frischen Wellengang ganz obenauf. 250 Konzerte in fünf Jahren, Erfolge bei bundesweiten Wettbewerben, Auftritte von Hamburg bis Berlin: Die fünf Studenten waren so gut im Geschäft, dass man zeitweilig sogar an eine Profi-Karriere dachte. "Das hat eine ungeheure Eigendynamik entwickelt", erinnert sich Sänger Christian Kaiser. Aber irgendwann kollidierte die Band-Entwicklung mit dem Ernst des Lebens, der spätestens mit Abschluss des Studiums Einzug hielt. Und so zog man es vor, auf dem Höhepunkt auszusteigen. Nach dem Abschiedskonzert vor 2500 enthusiastischen Zuschauern in Morbach wurden die Klimaschocker ordentliche Lehrer, Informatiker, Marketing-Profis oder Studioproduzenten. Was blieb, war der Spaß an Live-Auftritten in der Region, in unterschiedlichen Formationen wie "Gummibären", "Jomtones" oder "Alles Banane". Was auch blieb, war die ebenso permanente wie penetrante Nachfrage, ob es denn nicht irgendwann ein Klimaschock-Revival geben könne. "Die Leute haben uns nicht in Ruhe gelassen", sagt Kaiser fast entschuldigend. Also hat man zum zehnten Band-Geburtstag in diesem Frühjahr eine kleine, aber feine Konzert-Tour zusammengestellt. Morbach (2. April), Dreis (9. April), Weiten (16. April) und die BBS-Aula in Trier (23. April) sind die Stationen. Aber für das "Warm-up" am morgigen 19. März kehren die Klimaschocker ganz nah an ihren Ursprung zurück: in den Ducsaal Freudenburg. Denn das junge Band-Pflänzchen gedieh einst im rauen Klima des deutsch-saarländischen Grenzgebiets, im Bermuda-Dreieck zwischen Orscholz, Kirf und Taben, wo die Musiker zu Beginn ihrer Karriere ein Musterbeispiel für Völkerverständigung über alles Trennende hinweg lieferten. Der etablierte Ducsaal mit seinen legendären Konzert-Gästen sei damals so etwas wie ein "Traumziel" der Jungs aus dem Saargau gewesen, erzählt Christian Kaiser. Aber es dauerte lange, bis sie Veranstalter Manfred Weber davon überzeugt hatten, von seinem ehernen Prinzip "Keine Coverbands" abzuweichen. Es hat sich gelohnt - für beide Seiten.

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