Zu viele Gastkünstler und zu wenig Kontrolle: Theaterspielplan in Trier muss abgespeckt werden

Trier · 2,3 Millionen Euro Miese hat das Trierer Theater 2016 gemacht – ein Ende ist nicht in Sicht. Zu viele Gastkünstler, ungeeignete Software, ein überforderter Intendant und fehlende Kontrolle scheinen Ursache der Misere zu sein.

Erst seit wenigen Wochen wühlt sich der neue Verwaltungsdirektor Herbert Müller durch die Bücher des Trierer Theaters und stößt fast täglich auf Fehler und unverbuchte Honorare. Auf rund 2,3 Millionen Euro ist das Minus 2016 gewachsen, ein Ende nicht in Sicht. So könnten 30.000 Euro hinzukommen, weil der Chor "Im weißen Rössl" so viel tanzt, dass dies laut Vertrag extra honoriert werden muss. Als Ursache für die Finanzmisere nennt Müller an erster Stelle Spielpläne, die "einen verstärkten Einsatz von Gästen erforderlich" machten: Die Honorarkosten explodierten. Auch die Ausgaben für Statisten, Chöre, externe Spielstätten und Kooperationen mit anderen Theatern seien nicht ausreichend kalkuliert worden.

Wie der Trierer Kulturausschuss nun erfuhr, hat Intendant Karl Sibelius das Budget offenbar ganz alleine verwaltet. Die Spartenleiter waren - mit Ausnahme Victor Puhls - nicht an der Finanzplanung beteiligt und wussten nicht einmal, wie viel Geld ihnen für Produktionen maximal zur Verfügung steht. So sagt Operndirektorin Katharina John: "Ich habe kein Limit, kein eigenes Budget und keine Möglichkeit, selbstständig zu handeln." Kulturdezernent Thomas Egger betont, er habe dies nicht gewusst. All dies überrascht, da der seit Wochen erkrankte Sibelius stets von Teamarbeit und starken Spartenleitern sprach.

Teil des Problems ist, dass es am Theater keine Software gibt, die Budgetüberschreitungen erkennen lässt. So schlagen Honorarkosten (die zudem über ein anderes Amt laufen) erst zu Buche, wenn sie schon ausgezahlt werden. Da auch eine neu eingeführte Software keine Transparenz bietet, wird seit Jahren parallel mit Excel-Tabellen gearbeitet, die jedoch laut Müller "nur so gut sind, wie sie gefüllt werden". Nun erwägt Egger den Kauf einer besseren Software. Die Folgen: Der Spielplan muss ab Januar abgespeckt werden. Müller prüft, ob Produktionen gestrichen, verändert oder in die kommende Spielzeit verschoben werden können. Denkbar ist auch, erfolgreiche Stücke wie "Cabaret" länger laufen zu lassen. Da Sibelius Rückkehr nicht erwünscht ist, sollen die Spartenleiter mit Müller nun den (zur Finanzlage passenden) Spielplan für 2017/2018 erstellen.
Egger, der den Auftrag hatte, Budgetüberschreitungen zu verhindern, räumt Fehler ein. "Die Steuerung von Sibelius hat versagt. An mancher Stelle hätte ich sagen müssen: So und nicht weiter." Zurücktreten will er nicht.

Kulturdezernent will Karren selbst aus dem Dreck ziehen

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Vom erwischt werden
Vinyl der Woche: Love Is A Wonderful Thing – Michael Bolton Vom erwischt werden
Aus dem Ressort