Zum Abschied "O sole mio"

Im voll besetzten Trierer Amphitheater mit seiner einzigartigen Atmosphäre hieß es Abschied nehmen vom langjährigen Trierer Generalmusikdirektor István Dénes. Das Konzert der Antikenfestspiele vereinte Philharmoniker, Chor und das gesamte Sängerensemble des Theaters.

Trier. Aus Stoßgebeten an Petrus dürften im Laufe des Abends Dankgebete geworden sein: Trotz dicker, dunkler Wolken blieb es trocken. Vor allem ein Amphitheater-"Neuling" kann gar nicht dankbar genug sein für die Bereitstellung dieser antiken Stätte für Opern- und Konzertaufführungen. Ein ganz dickes Lob geht nicht zuletzt an die Beleuchter, die die mit einfachen Mitteln gestaltete Bühne immer wieder zu verwandeln wissen. Und wie soll man die Akustik beschreiben? Trocken ja, aber so ganz anders als im Großen Haus des Theaters. Der Klang, der hier entsteht, fasziniert durch Klarheit und Räumlichkeit, die geradezu magisch wirken. Dem hilft István Dénes mit einer ungewöhnlichen Orchesteraufstellung noch nach, indem er etwa die Holzbläser links außen, die Blechbläser rechts außen sitzen lässt. Durch den Abend führte in gewohnt launiger und immer informativer Manier TV-Redakteur Dieter Lintz.

Die erste Hälfte brachte die im Januar dieses Jahres in St. Maximin uraufgeführte "Treveris-Fantasia" über Texte von Ausonius und Alcuinus - das musikalische Abschiedsgeschenk des Komponisten István Dénes an Trier. Auch beim zweiten Hören beeindrucken die beiden Fugen für Chor und Orchester am stärksten. Dazu die faszinierende Rhythmik und Orchesterbehandlung. Man hört Einflüsse von Igor Strawinsky ("Psalmensymphonie") und Leonard Bernstein ("Chichester Psalms") heraus. An einer oder zwei Stellen gerieten Chor und Orchester etwas auseinander, aber für einen Routinier wie Dénes war es kein Problem, alles doch noch zusammenzuhalten. In den beiden Intermezzi ging ein erkennendes Raunen durchs Publikum, als das Mosella-Lied aufblitzte, oder als der Klang eines Martinshorns stereofon von links nach rechts durchs Orchester zog. Es tat gut, Lea Kottner von ihrer Stellvertreterrolle diesmal zur Konzertmeisterin aufgerückt zu sehen - und zu hören. So wie die junge Geigerin die Violinsoli spielte, dürfte sie es noch weit bringen. Nach der Pause dann sozusagen ein "Best of" der italienischen (und einmal französischen) Oper. Die Ouvertüre zu Giuseppe Verdis "La forza del destino" ("Die Macht des Schicksals") interpretierten István Dénes und die Philharmoniker wunderbar transparent und rhythmisch federnd. Da war nichts aufgesetzt Dramatisches, und dennoch kam die Dramatik der Geschichte klar zum Ausdruck.

Für den indisponierten Bariton László Lukács sprang im Quartett aus dem dritten Akt von Verdis "Rigoletto" Franz Grundheber ein. Zu dessen überragender Kunst muss man eigentlich nichts mehr sagen. Ob er deutsch singt oder italienisch, oder wie im folgenden Duett aus Georges Bizets "Perlenfischern" französisch, immer geht er von der Sprache aus und erreicht so eine erstaunlich klare Diktion. Und es versteht sich von selbst, dass ein Grundheber nie in Versuchung gerät, seine Partner oder Partnerinnen "zuzusingen". Bei den Damen beeindruckten, wie schon in der "Treveris-Fantasia", vor allem Evelyn Czesla und Eva Maria Günschmann. Von den drei beteiligten Tenören stach Peter Koppelmann mit seiner klugen Musikalität besonders hervor. Auf das Sextett aus dem zweiten Akt von Donizettis "Lucia di Lammermoor" und den "Tanz der Stunden" aus Ponchiellis "La Gioconda" folgten Vera Wenkert und Franz Grundheber mit dem Duett aus dem dritten Akt von "Aida" und schließlich das vertrackte Finale aus "Falstaff", dessen Fuge allen Beteiligten Höchstleistungen abforderte. Und nach begeistertem Applaus und verdienten Bravo-Rufen wurde es dann zum Schluss italienisch-volkstümlich mit "O sole mio", geschmettert von allen Gesangssolist(Inn)en. Das Festspielkonzert war ein musikalischer Leckerbissen und ein stimmungsvoller Abschied von István Dénes.

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