Zuschauer ergreifen in der Pause die Flucht

Vor dem letzten Konzert der Kammermusikalischen Vereinigung sah man viele erwartungsfrohe Gesichter im Kurfürstlichen Palais in Trier. Immerhin hatten sich Valery Oistrach und Ulrich Grosser angemeldet. Am Ende des Abends war von frohen Gesichtern allerdings nichts mehr zu sehen.

Trier. Die Kammermusikalische Vereinigung in Trier leistet hervorragende Arbeit. Viele beglückende Momente hat Hanspeter Hilgers als Vorsitzender des Vereins den Freunden der Kammermusik schon bescheren können. Immer wieder sind es auch große und bekannte Namen, die dem Jahresprogramm einen besonderen Glanz verleihen. Ein besonderer Coup war Hilgers gelungen, indem er das Duo Valery Oistrach und Ulrich Grosser verpflichten konnte. Insbesondere der Name Oistrach genießt natürlich einen exzellenten Ruf. Wer erinnert sich nicht an den großen David Oistrach und an seinen nicht minder berühmten Sohn Igor. Beide zählten zu den hellsten Sternen am Geigerhimmel des letzten Jahrhunderts. Valery ist nun schon Geigenvirtuose in dritter Generation, der diesen berühmten Namen weiterträgt.Nomen est Omen, sagt der Lateiner, aber, ein großer Name alleine macht es nicht. Diese Erfahrung mussten auch die zahlreichen Konzertbesucher des reinen Bachkonzertes von Oistrach und Grosser machen. Auf dem Programm standen die Sonate e-Moll, BWV 1023, für Violine und Basso continuo, sowie die Sonaten in E-Dur, BWV 1016, h-Moll, BWV 1014, und G-Dur, BWV 1019, für Violine und konzertierendes Cembalo. Großartige Kompositionen, Edelsteine im Mosaik der barocken Kammermusik. Was aber machten Oistrach und der Cembalist Grosser daraus? Eine Zumutung, anders kann man es nicht bezeichnen. Dass ihr Spiel kaum etwas lebendiges hatte, das man barocke Affekte vergebens suchen musste, gehörte fast noch zu den verzeihlichen Dingen des Abends. Nein, es mangelte an substanziellen Dingen.Von Oistrach zu sagen, er hätte Intonationsprobleme gehabt, wäre zu vornehm. Er spielte über weite Strecken schlichtweg unsauber. Grossers Spiel zeichnete sich im Gegenzug durch eine viel zu geringe Trefferquote der richtigen Tasten am Cembalo aus. Was war dieser Abend? Eine öffentliche Probe, bei der zwei Musiker sich erstmals einigen Kompositionen widmeten, oder war es eine Mugge (Musik gegen Geld) in der Provinz, wo es nicht so genau drauf ankommt. Was auch immer, es war eine herbe Enttäuschung. Einige Konzertbesucher taten das einzig Richtige: Sie verließen in der Pause das Palais.

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