Zwischen Gefälligkeit und Tiefgang

Zu den Verkannten der Musikgeschichte zählt Georg (Georges) Schmitt (1821-1900), deutsch-französischer Musiker in Paris, längst nicht mehr. Wolfgang Grandjean hat in seiner gründlichen Biografie mit Legenden und sentimentalen Vorurteilen aufgeräumt und belegt: Schmitt war alles andere als ein Dilettant.

Zwischen Gefälligkeit und Tiefgang
Foto: Martin Möller (mö) ("TV-Upload M?ller"

Eine Liedsammlung, die Grandjean herausgegeben hat, zeigt: der Komponist versteht sich auf sein Metier.
Übertriebenen Tiefgang wird man den 21 vorbildlich edierten und kommentierten Liedern in der neu erschienenen Notenausgabe gewiss nicht vorhalten können. Aber Schmitt gibt ihnen immer wieder Eleganz und musikalische Eloquenz mit und balanciert dabei sicher zwischen Gefälligkeit und ambitioniertem Kunstanspruch. "Extase" nach Victor Hugo beispielweise besticht durch die Dichte der Erfindung und eine Intensität, die am Ende in ein fast orchestrales Tremolo mündet. Bei anderen wie "Mimi Pinson, die Blonde, die jeder kennt" kultiviert Schmitt einen leichthändig-frivolen Tonfall. Gelegentlich wagt der Komponist überraschende Wendungen, landet aber nach einer kurzen Irrfahrt doch immer wieder sicher im Hafen konventioneller Harmonik. Dazu erfindet Schmitt mit sicherem Gespür relativ einfache, aber klangvolle Klaviersätze. Mit "Un Rêve" (ein Traum) wagt er sogar den Schritt vom Gesellschaftslied zum umfangreichen, formal und harmonisch komplexeren Gesang.
Gleichwohl: Bei den meisten Stücken dieser Sammlung erübrigen sich große ästhetische Reflexionen. Sie zu singen oder am Klavier zu begleiten, macht ganz einfach einen Riesenspaß. Das "Trio Cénacle" - Evelyn Czesla (Sopran), Nico Wouterse (Bass) und Michèle Kerschenmeyer (Klavier) - plant für Mai 2017 eine CD mit den Liedern dieser Notenausgabe.
Georges Schmitt, Mélodies, Romances, Chansons für Singstimme und Klavier, herausgegeben von Wolfgang Grandjean. Ausgaben in hoher und tiefer Lage beim Musikhaus Kessler in Trier sowie beim Herausgeber ( <%LINK auto="true" href="http://www.wolfgang-grandjean.de" text="www.wolfgang-grandjean.de" class="more"%> ), Preis: 18 Euro. Martin Möller

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