Auf der Suche nach der Bibliothek der Zukunft

Trier · Von einer Ausleihstelle für Bücher und Medien zu einer Einrichtung des lebenslangen Lernens und Weiterbildens: Auf diesen Weg hat sich die Stadtbibliothek Trier gemacht. Ihr Lerntreff, der am Dienstag eröffnet wird, gilt in dieser Form als bundesweites Pilotprojekt.

Trier. Die Bibliothek gehört wie Theater und Museum zum Kanon der bildungsbürgerlichen Kulturangebote auf kommunaler Ebene. Aber in Zeiten leerer Kassen hat Altbewährtes keine Bestandsgarantie. Zumindest, wenn es sich nicht auf neue Aufgaben und Zielgruppen einstellt.
Da kommt die Idee, eine Bibliothek nicht nur als Ausleihstation, sondern auch als Lernort zu begreifen, gerade recht. Von "Zukunftskonzept" spricht Bildungsmanager Rudolf Hahn, wenn er seine neue Errungenschaft vorstellt. Was da bescheiden "Lern-Treff" heißt, definiert Hahn als "offenen, anonymen Ort mit Aufenthaltsqualität". Weil der Betrieb nicht kommerziell orientiert ist, soll das Angebot "möglichst alle Bürger erreichen". Perspektive: die Bibliothek als "Haus des lebenslangen Lernens".
Der Chef des Trierer Bildungszentrums, das Bibliothek, VHS und Musikschule umfasst, gerät ins Schwärmen, wenn er den Lerntreff im Erdgeschoss der Bibliothek präsentiert. Ein Selbstlernzentrum mit Soft- und Hardware lädt dazu ein, von der Vorbereitung der Führerscheinprüfung über das Fremdsprachenlernen bis zur Leseübung die Welt des Lernens auf eigene Faust zu erkunden.
Zum Angebot gehört auch eine qualifizierte Berufs- und Bildungsberatung durch Profis. Einzelarbeit, die Kooperation mit Lernpaten, aber auch das Lernen in Gruppen werden durch eine flexible Nutzung des Mobiliars ermöglicht. Zudem gibt es eine "Schreibhilfe", die Menschen zur Hand geht, die Unterstützung bei der Ausfüllung von Dokumenten oder beim Schreiben von Briefen brauchen. Kein Luxus angesichts von geschätzten 10 000 Bürgern, die in Trier und Umgebung Probleme mit der Sprache haben.Angebotssuche per Touchscreen


Ein weiteres Herzstück ist die Bildungsberatung mit der "Trierer Lupe". Das ist ein touchscreen-gesteuerter, großer Computerbildschirm, der einen interaktiven Überblick über die breiten Bildungsmöglichkeiten in Trier und Umgebung bietet. Eine Art Monster-Smartphone, geeignet, auch mit ganzen Familien nach Bildungs- und Ausbildungsmöglichkeiten zu suchen.
Es sei kein Zufall, dass man das Lernzentrum in der Bibliothek am Domfreihof angesiedelt habe, betont Oberbürgermeister Klaus Jensen: "Die Bibliothek scheint uns ein idealer Ort, nicht nur wegen der zentralen Lage, sondern auch, weil wir sie für weitere Nutzergruppen öffnen wollen."
Tatsächlich ist die Trierer Kombination von Bücherei, VHS und Lernzentrum unter einem organisatorischen und räumlichen Dach bundesweit eine Rarität. Von den Synergieeffekten sollen alle profitieren. "Ohne die Anbindung an die Bibliothek wäre der Lerntreff personell nicht möglich", stellt Rudolf Hahn fest. Die Mitarbeiter im Bildungs- und Medienzentrum haben 500 Stunden Eigenleistung eingebracht. Die 150 000 Euro für Investitionen in Mobiliar und Technik kommen überwiegend vom Bund und von der Nikolaus-Koch-Stiftung. Der Stadtsäckel wurde nur minimal belastet.
Die Macher hoffen nach dem heutigen Startschuss auf reges Interesse, auch von den Akteuren im Bildungsbereich. Hahn lädt auch andere Einrichtungen ein, die Möglichkeiten zu nutzen. Zur Eröffnung heute werden Gäste von Bibliotheken aus dem ganzen Land, aber auch aus der Region Trier erwartet. Man ist überall auf der Suche nach neuen Impulsen. Aber auch der "normale" Bibliotheksbenutzer hat Grund zur Freude: Zeitgleich mit dem Lerntreff wird das neu gestaltete Lesecafé eröffnet, das zu ungestörtem Schmökern in Zeitungen und Zeitschriften einlädt.
Infos: www.stadtbibliothek-walderdorff.de ;
www.trierer-lupe.de

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