Die Heimat und der Holocaust

Bitburg · Zwei Jahre hat Adolf Winkler aus Bitburg an seinem Film "7 Lichter" gearbeitet. Vor einigen Monaten hat der passionierte Hobbyfilmer das 76-minütige Werk über das Leben der Juden im Dreiländereck Deutschland-Luxemburg-Belgien in Bitburg präsentiert (der TV berichtete). Seitdem hat Winkler unzählige Anfragen aus ganz Deutschland bekommen.

Der Auslöser war eigentlich ein anderer Film. Ein Film über den Bitburger Soldatenfriedhof Kolmeshöhe, den Adolf Winkler vor gut drei Jahren gedreht hat. Auch der aus Bitburg stammende und heute in Luxemburg lebende Henri Juda hat diesen Film gesehen. Juda ist Sohn einer jüdischen Unternehmerfamilie. Viele seiner Verwandten sind in Konzentrationslagern getötet worden. Bei einer Gedenkfeier habe er sich mit Henri Juda unterhalten, erinnert sich Winkler. "Da haben Sie ja einen tollen Film über die Täter gemacht", habe ihm Juda gesagt und ihn dann gefragt: "Haben Sie auch mal an die Opfer gedacht?"Halbes Jahr Recherche


Das war zunächst ein Schlag ins Gesicht - der dann aber schließlich sein nächstes und wahrscheinlich auch letztes Filmprojekt angestoßen hat.
"7 Lichter" ist ein Film über die Geschichte der Juden im Grenzgebiet Deutschland-Luxemburg-Belgien. Mehr als ein halbes Jahr hat der Hobbyfilmer, der bis zu seiner Pensionierung 30 Jahre als Kardiotechniker für die Bedienung der Herz-Lungen-Maschine im Trierer Brüder-Krankenhaus zuständig war, für diesen Film recherchiert. Weitere anderthalb Jahre hat er schließlich in die Umsetzung des Projekts investiert. Entstanden ist ein Film, der sich zunächst der allgemeinen Geschichte des Judentums und im weiteren Verlauf vor allem dem jüdischen Leben im Dreiländereck widmet. Und dabei vor allem der Judenverfolgung vor und während des Zweiten Weltkriegs.
Winkler hat dabei in seinem 76-minütigen Film historisches Bildmaterial mit aktuellen Aufnahmen sowie zahlreichen Zeitzeugenberichten gemischt. Zudem hat er mit Hilfe von Laienschauspielern einige Szenen nachgestellt und diese in das dokumentarische Werk mit eingearbeitet. Das Resultat ist ein Filmbeitrag, der sich mit dem schlimmsten Kapital deutscher und damit auch regionaler Geschichte auseinandersetzt, der aber auch zeigt, dass die Aufarbeitung dieses Kapitels längst nicht abgeschlossen ist.
"Eigentlich wollte ich anfangs einen Film über die jüdische Geschichte der Stadt Bitburg machen", sagt Winkler. Doch leider habe er seitens der Stadt kaum Unterstützung erhalten, sodass er den Fokus schließlich auf die gesamte Grenzregion ausgeweitet habe. Was wiederum dazu führt, dass "7 Lichter" weit über die Grenzen der Stadt Bitburg hinaus Beachtung findet. "Der Film hat eine unglaubliche Resonanz", sagt der 65-Jährige und verweist auf E-Mails und Anfragen, die aus ganz Deutschland kämen.
Gegen eine Schutzgebühr von fünf Euro ist "7 Lichter" erhältlich. Schulen oder ähnliche Einrichtungen bekommen den Film umsonst. Das sei kein Projekt, an dem er etwas verdiene, sagt Winkler. Im Gegenteil. 20 000 Euro habe er bei der Stiftung Rheinland-Pfalz für Kultur beantragt. Und nachdem er gut anderthalb Jahre auf diesen Zuschuss gewartet habe, seien letztlich nur 10 000 Euro Zuschuss geflossen. Die Stiftung habe das mit einem Formfehler beim Antrag begründet, erklärt Winkler. Dabei könne er sogar nachweisen, dass er alles frist- und formgerecht eingereicht habe.
Um die Kosten des Projekts zu stemmen, hat sich der Filmemacher im Nachhinein von einem Großteil seiner technischen Ausrüstung getrennt. Unter anderem auch von seiner großen Kamera. Wie Winkler erklärt, sei "7 Lichter" deshalb wahrscheinlich sein letzter Film gewesen. Die Aufarbeitung der jüdischen Geschichte in der Grenzregion habe ihn nämlich nicht nur viel Zeit gekostet. Sondern auch viel Geld.Extra

 Im Dachgeschoss seines Hauses arbeitet Adolf Winkler an seinen Filmen. TV-Foto: Uwe Hentschel

Im Dachgeschoss seines Hauses arbeitet Adolf Winkler an seinen Filmen. TV-Foto: Uwe Hentschel

Sie haben ja eigentlich als Tierfilmer begonnen, zuletzt aber mit den Filmen über den Soldatenfriedhof Kolmeshöhe und eben "7 Lichter" ganz andere Themenfelder besetzt. Was macht mehr Spaß? Winkler: Man macht Filme, um eine Info rüberzubringen. Bei den Tierfilmen geht es um Wunder der Natur, deren Erhalt und das Aufzeigen vom Leiden der Tiere. Hierin habe ich schon immer einen besonderen Sinn gesehen. Wobei ich mittlerweile bezweifele, dass der Mensch sein Verhalten der Natur gegenüber ändern wird. Zentrales Thema Ihres Films ist der Holocaust, über den Sie ja mit vielen Zeitzeugen gesprochen haben. Gab es ein Erlebnis, das Ihnen bei der Recherche oder beim Dreh besonders in Erinnerung geblieben ist? Winkler: Der Luxemburger Jude Gorge Manot, der von den Deutschen ins KZ Auschwitz deportiert wurde und unsagbare Leiden ertragen musste. Als er mir im Interview sagte: "Ich empfinde keinen Hass gegen die Deutschen." Sie wollten ja eigentlich zunächst einen Film über das jüdische Leben in Bitburg drehen, sind aber nach eigener Aussage von der Stadt in keiner Weise unterstützt worden. Tut sich die Stadt Bitburg bei der Aufarbeitung ihrer Geschichte schwer? Winkler: Diese Frage ist nicht so einfach zu beantworten. Auch wenn es mittlerweile einen Arbeitskreis zur Erforschung der Judengeschichte in Bitburg gibt - die übrigens bereits seit Jahrzehnten durch Gerda Dreiser und Bettina Rosenbaum aufgearbeitet ist -, so tut sich die Stadt meiner Meinung nach schwer. Ansonsten hätte man mich ja bei meinem Filmprojekt unterstützt. uhe

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