Eine Premiere der eher leisen Töne

Wittlich · Mit einem Besucherrekord ist im Wittlicher Eventum das elfte Eifel-Literatur-Festival eröffnet worden. 1440 Besucher kamen, um Benediktinerpater Anselm Grün, Deutschlands auflagenstärksten spirituellen Autor, zu erleben.

 Großer Andrang am Signiertisch. Anselm Grün hat für jeden ein nettes Wort oder Lächeln. TV-Foto: Anke Emmerling

Großer Andrang am Signiertisch. Anselm Grün hat für jeden ein nettes Wort oder Lächeln. TV-Foto: Anke Emmerling

Wittlich. "So groß hat es noch nie angefangen, Wittlich hat eigens das Eventum gebaut", scherzt Kultur-Staatssekretär Walter Schumacher über den Auftakt des elften Eifel-Literatur-Festivals. Tatsächlich sprengt die Zahl von 1440 Besuchern alle Rekorde, die das gerne als "literarisches Flaggschiff" betitelte Festival seit seiner Gründung vor zwanzig Jahren erlebt hat.
Es ist ein Abend der eher leisen Töne, und das liegt an der Hauptperson des Abends, Pater Anselm Grün. Er ist mit einer Auflage von mehr als 14 Millionen Lebensratgeber-Büchern zwar Bestsellerautor, doch keiner, der Unterhaltungsbedürfnis bedient und auch keiner, der sich selbst in den Mittelpunkt stellt.
"Er ist ein bescheidener und sehr spiritueller Mann. Seine Bücher berühren mich tief, ich kann zehren, von dem, was er sagt", beschreibt Inge Grundhöfer (57) aus Konz, was sie fasziniert und hierher führt. Ihr Ehemann Al-fred ergänzt: "Er gibt einem Anleitungen, die man umsetzen kann, sieht in den Menschen Gottes Ebenbild und behandelt sie auch so, mit Achtung und Respekt."
Der in eine einfache Mönchskutte gekleidete Pater verströmt wirklich eine besondere Aura, ob er bescheiden zwischen prominenten Ehrengästen sitzt, mit gewinnendem Lächeln und netten Worten unzählige Signierwünsche erfüllt oder ans Rednerpult tritt. Sein Thema "Die hohe Kunst des Älterwerdens" hat überwiegend Menschen reifere Jahrgänge angezogen, so wie Johanna Gierenz aus Wengerohr: "Das geht einen etwas an."
Anselm Grün, selbst 69 Jahre, nimmt sich da nicht aus, spricht freimütig von seinen Ängsten vor nachlassenden Kräften. Doch er zeigt Wege auf, mit diesen Ängsten umzugehen und zu einem gelingenden Prozess des Alterns zu finden: Man müsse überholte Selbstbilder loslassen, die eigene Lebensgeschichte annehmen und Fruchtbarkeit und Tugenden des Alters entdecken.
Er spricht frei und in einfachen Worten, nennt viele aus dem Leben gegriffene Beispiele, zu denen seine Zuhörer beifällig nicken. Viele stammen aus persönlichen Erfahrungen, auch denen seiner aus dem Eifelort Dahlem stammenden Mutter. Gerne nutzt Anselm Grün bildhafte Vergleiche. Er spricht vom Alter als Herbst, in dem der Mensch seine wahren, originellen, aber auch von Milde gefärbten Farben zeigt und sein Leben Früchte als Segen für andere Menschen trägt.
Da wirkt er besonders glaubwürdig, denn genau diese Ausstrahlung hat er selbst. Das Rednerpult wird mehr und mehr zur Kanzel, der von Predigergesten begleitete Vortrag zur spirituellen Erfahrung, vor allem beim Schlussritual eines gemeinsamen Gebetes. Der Pater leitet an, mit überkreuzten Armen die gegensätzlichen Pole der eigenen Seele zusammenzuführen und anzunehmen. Nach diesem Moment der Stille gehen die meisten Besucher mit nachdenklichen oder freudigen Mienen. Marion Rehles (50) aus Nohn spricht wahrscheinlich vielen aus der Seele, wenn sie bilanziert: "Anselm Grün hat mir Mut gemacht. Er hat mir auch Gelassenheit gegeben, die wird hängenbleiben."Extra

Bis Oktober werden Max Moor, Richard David Precht, Volker Klüpfl und Michael Kobr, Anne Gesthuysen, Daniel Kehlmann, Florian Illies, Rüdiger Safranski und Ferdinand von Schirach und noch einmal Anselm Grün zum Festival kommen. Infos: www.eifel-literatur-festival.de , Tickets im TV-Service-Center Trier, unter der TV-Tickethotline 0651/7199-996 und www.volksfreund.de/tickets. ae

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