Eine unglaublich erfrischende Pianistin

Luxemburg · Die junge Luxemburger Pianistin Cathy Krier steht am Anfang einer Weltkarriere. Diese Woche stellt sie in der Philharmonie ihre - international bereits gefeierte - neue CD mit Stücken von Leos Janacek vor. Die 28-Jährige hat spannende Ansichten über die Klassikbranche, ihre Chancen und Nebenwirkungen.

 Cathy Krier. Foto: Delphine Jouandeau

Cathy Krier. Foto: Delphine Jouandeau

Luxemburg. Eins steht fest: Die Frau hat Humor. "Wer übt, betrügt", gibt sie als ihr Lieblingszitat aus der Musikgeschichte an. Ausgerechnet jener der Klavier-Legende Walter Gieseking zugeschriebene Spruch, der Generationen unwilliger Schüler als willkommene Ausrede für mangelnden Trainingsfleiß diente.
Mit 14 in die Meisterklasse


Wer, wie die junge Luxemburgerin, mit fünf Jahren das Klavierspiel am Konservatorium gelernt hat, mit 14 in einer Meisterklasse der Musikhochschule Köln angenommen wurde, mit 17 das Echternach-Festival bezauberte, mit 20 die Philharmonie auf dem Kirchberg eröffnen durfte und mit 23 die erste CD herausbrachte - der wird schwerlich ohne heftiges Üben ausgekommen sein. "Stimmt", sagt Cathy Krier, sie übe auch heute noch täglich. Aber der Spruch habe ihr trotzdem gefallen.
Dass auf ihrer neuen CD die selten eingespielten Klavierwerke von Leos Janacek zu hören sind, ist kein Ausdruck geschickten Markt-Kalküls. Sie habe sich, erzählt die Pianistin, schon zu Kölner Studienzeiten in die Musik des tschechischen Komponisten verliebt, "weil sie so schön unromantisch war". Was die CD eindrucksvoll dokumentiert: Krier bringt die spröde Schönheit von Janaceks Klängen zum Leuchten, arbeitet das Schörkellose, Raue heraus, kostet die abrupten Stimmungswechsel aus. Kein Wunder, dass "Leos Janacek - The Piano" beim renommierten Sender Radiofrance als "coup de coeur" gelistet wurde, zu Deutsch: als besonders herzliche Empfehlung. "Krier verbindet Virtuosität, Sensibilität und Sinnlichkeit", schwärmt Starkritikerin Emilie Munera.
Das klingt nach einer Eintrittskarte in den umkämpften Markt der internationalen Instrumentalsolisten. Es ist schon schwer genug, sich auf Dauer überhaupt im Profigeschäft zu halten - aber die Riege der echten Stars ist noch einmal wesentlich kleiner. Doch Krier will nicht um jeden Preis in den Pianisten-Olymp, will einfach nur "so lange wie möglich so ernsthaft wie möglich musizieren". Ihre Devise: "Was kommt, kommt".
Gelassen im harten Business



Wer die Dinge so gelassen sieht, gerät auch nicht so leicht in die Zwänge des Business. Wer heute reüssieren will, muss neben dem Pianisten-Handwerk auch die PR-Klaviatur beherrschen - Model-Aussehen gerne inklusive. Als Cathy Krier kürzlich im Westfälischen gastierte, lautete die Überschrift der Besprechung: "Jung, schön und virtuos am Klavier". Grund zum Ärgern? "Nein", sagt die Musikerin, "ich finde es nicht schlimm, wenn die Leute mich hübsch finden. Wir leben nun mal in einer virtuellen Gesellschaft. Aber die Reihenfolge könnte schon anders sein".
Über anderes kann sie sich eher aufregen. Zum Beispiel über die wachsende Zahl illegaler Video-Konzertaufnahmen, die etwa bei YouTube kursieren. Dass ihr Kollege Krystian Zimerman kürzlich seinen Auftritt wegen eines penetranten Filmers unterbrach, kann sie verstehen. Immer öfter würden "gewisse Barrieren überschritten", das Verhalten mancher Zuschauer sei "einfach respektlos".
In Luxemburg und der Großregion kann sich der aufgehende Stern über mangelnde Wertschätzung nicht beklagen. Die Philharmonie fördert Krier seit Jahren - es ist kein Zufall, dass die neue CD im dortigen Kammermusiksaal aufgenommen wurde. Dass sie nach fast einem Jahrzehnt in die Heimat zurückkehrte, liegt auch an der "unglaublichen Entwicklung", die sie bei der hiesigen Kulturszene festgestellt hat. Und auch Trier hat einen bescheidenen Anteil am wachsenden Erfolg von Cathy Krier: Dort residiert ihr "Klavierdoktor" Marcus Hübner.
Für Überraschungen ist die filigrane Künstlerin immer gut. So beantwortet sie etwa die Frage nach ihrem Lieblingstier mit "Nilpferd". Kein Flachs. Die Fluss-Riesen, sagt sie, hätten etwas "unglaublich Erfrischendes". Was ziemlich genau zu ihr passt.
Das Release-Konzert der CD "Janacek - The Piano" findet am Donnerstag, 27. Juni, um 18 Uhr im Kammermusiksaal der Philharmonie statt. Eintritt frei.

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