Fünf Versionen, eine Versionale

Trier · Die regionale Ausscheidung der Versionale, eines internationalen Theaterregie-Wettbewerbes, ist am Samstag in der Trierer Tuchfabrik (Tufa) über die Bühne gegangen. In fünf nur jeweils 18 Minuten langen Versionen des Schiller-Klassikers "Wilhelm Tell" zeigten die Teilnehmer Interpretationen auf unterschiedlichstem Niveau.

 Die Tell-Inszenierung von Teresa Reiber und Andreas Gründel trifft bei der Trierer Versionale ins Schwarze. TV-Foto: Dirk Tenbrock

Die Tell-Inszenierung von Teresa Reiber und Andreas Gründel trifft bei der Trierer Versionale ins Schwarze. TV-Foto: Dirk Tenbrock

Trier. "Früh übt sich, wer ein Meister werden will", sagt Wilhelm Tell in Friedrich Schillers gleichnamigem Drama. Uneingeschränkt kann dieses klassische Zitat auch auf alle Teilnehmer der diesjährigen Regionalausscheidung des internationalen Theaterregie-Wettbewerbes Versionale angewandt werden. Fünf junge Profis, Regieassistenten, Dramaturgen und Schauspieler, hatten alle die gleiche Aufgabe, den Tell auf eine nur 18 Minuten dauernde eigene Interpretation einzudampfen.
Nach Ansicht der Jury - unter anderen mit Tufa-Chefin Teneka Beckers - gelang dies dem Duo Daniel Schauf und Philip Scholtysik am besten, die beiden dürfen nun am Deutschlandfinale teilnehmen. Ihre "Freiheitsperformance" war assoziativ und pantomimisch stark präsentiert und laut Schauf "an Schillers Ästhetik orientiert", griff das Thema ironisch angehaucht auf. Das Publikum wurde mit ins Spiel einbezogen, am Ende führte ein ferngesteuerter Spielzeugpanzer den finalen Schuss des Schweizer Freiheitskämpfers Wilhelm Tell auf den Tyrannen Geßler aus.
Den Preis des Publikums, das leider nicht sehr zahlreich erschienen war, konnte hingegen Alicia Pointner gewinnen. Die erst 22-jährige Regieassistentin am Theater Krefeld spielte wegen des kurzfristigen Ausfalls ihrer Schauspielerin eine Hauptrolle selbst. Sie präsentierte ihr Stück aus der Sicht des Apfels, der mit der Armbrust vom Kopf des Tell\' schen Sohnes heruntergeschossen wird und so dem Meisterschützen-Vater die Freiheit sichern soll. Zwei Schauspieler (von denen der eine unverständliches Schweizerdeutsch spricht) verkörpern die zwei Seelen des Apfels, von denen die eine sich freudig für die Freiheit opfern will, die andere jedoch unwillig zweifelt. Untermalt wird dies mit Collagen aus Videos, die Freiheitskämpfer und Terroristen zeigen, ein Ansatz der wohl die unterschiedlichen Idealisierungsmöglichkeiten Tells vermitteln soll und - zumindest optisch - reizvoll ist.
Professionell, durchdacht und aufwendig inszeniert war der Beitrag des Wiesbadener Duos Teresa Reiber und Andreas Gründel, die sich dem Thema in Form eines Melodrams näherten, den musikalischen Teil bestritten eine Klarinette und ein Cello, ein sehr präsenter Schauspielkollege übernahm den Part des Tell und verschaffte Schillers großartiger Sprache den verdienten Raum - das Highlight des ansonsten etwas anstrengenden Abends. Die Beiträge von Andreas Schnell und Ron Zimmering hätte die Gertrud aus "Wilhelm Tell" wohl so kommentiert: "Ertragen muss man, was der Himmel sendet, Unbilliges erträgt kein edles Herz."

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