Im Spannungsfeld von Schönheit und Tod

Bitburg · Die Eifel ist reich an Jagdgründen. Eine Ausstellung, die sich mit der Kulturgeschichte der Jagd und ihrer Darstellung in der Bildenden Kunst befasst, war da geradezu überfällig. Das Bitburger Haus Beda zeigt diese Thematik in seiner aktuellen Ausstellung.

Bitburg. Für Dichterfürst Goethe war sie eine andere Art des Krieges, für den französischen König Franz I. eine Leidenschaft, die nur noch von seiner Liebe zur Kunst übertroffen wurde. Was der Ritterkönig des 16. Jahrhunderts für Hochkultur hielt, war für die aufgeklärten Denker seit dem 18. Jahrhundert reine Barbarei. Heutige Jäger betrachten ihr Weidwerk nüchterner, nämlich als Instrument im Dienst des ökologischen Gleichgewichts. Ob man nun für oder gegen die Jagd ist: Jagdsitten und Jagdrechte sagen viel aus über das Verhältnis von Mensch und Natur, über gesellschaftliche Zustände und das Selbstverständnis von Menschen darin.
Ausdruck der Ständeordnung


Die Jagd gehört zu den ältesten existenziellen menschlichen Tätigkeiten. Den steinzeitlichen Jägern lieferte ihre Jagdbeute lebensnotwendiges Fleisch sowie Häute und Knochen als Material für Kleidung und andere Gegenstände. Wie die Jagdszenen der steinzeitlichen Höhlenmalerei nahelegen, bestand bereits damals ein enger Zusammenhang zwischen Jagd und Religion.
Mit der Domestizierung von Tieren und der Ansiedlung von Bauern trat der Nahrungserwerb als Jagdzweck in den Hintergrund. Die Jagd wurde zum Ausdruck einer gottgegebenen Ständeordnung, zum Privileg und Freizeitvergnügen von Adel und hohem Klerus. Ab dem Mittelalter richteten die Könige sogenannte Bannforsten ein, große Reviere, in denen sie allein jagen durften und in dem die Angehörigen des neu geschaffenen Jägerberufs für Hege und Pflege sorgten. Seit dem 16. Jahrhundert dehnten hierzulande die erstarkten adeligen Landesherren ihre Jagdgründe auf ihr gesamtes Hoheitsgebiet aus. Die barocken Prunkjagden mit ihrer "Tierhatz" arteten nicht selten in ein blutigen Gemetzel aus, in denen nicht nur brutal Tiere abgeschlachtet, sondern auch rücksichtslos Felder niedergeritten, Nahrung vernichtet und unzählige Menschen getötet wurden.

Die sich wandelnde Bedeutung der Jagd drückt sich naturgemäß auch in der jeweiligen Kunst ihrer Zeit aus.
Ist in mittelalterlichen Darstellungen die Jagd ein edles Vergnügen für eine vornehme Hofgesellschaft, so wird sie in den riesigen Repräsentationsgemälden des Barock zum grausamen hochdramatischen Schauspiel. Bilder voller Sinnlichkeit und Lust am Luxus bieten zudem die barocken Jagdstilleben, die zur Dekoration von Schlössern und Villen gedacht waren.
Darstellungen seit dem 19. Jahrhundert bis hin zur zeitgenössischen Kunst setzen sich oft kritisch mit der Jagd auseinander. Ein beliebtes Thema der Jagdmalerei ist zudem die Tiermalerei mit ihrer Darstellung des Wildes oder des Motivs von Herr und Hund. Ebenso wie heidnische und christliche Jagdgötter - und heilige zum festen Personal der Jagdmalerei gehören. Die Bitburger Ausstellung verweist in ihren Bildbeispielen aus dem 17. bis zum 21. Jahrhundert auf die Kulturgeschichte der Jagd und ihre bildkünstlerische Darstellung in Jagdszenen, Tierbildern und Jagdstilleben.
Mehr noch: Sie schafft Bewusstsein für den engen untrennbar mit der Jagd verbundenen Zusammenhang zwischen Schönheit und Tod, zwischen Naturgefährdung wie Naturpflege. In den Tiergemälden wird die Schönheit der Natur gefeiert. Josephs Beuys springender Hirsch und sein Feldhase stehen dagegen für ihre Bedrohung und Zerstörung.
Unheimliche Gefahr


Zur unheimlichen Gefahr wird die Jagd in den Gemälden von Cornelia Schleime. Im Hirsch als Nippes, als röhrendem Hirsch wird das Zerrbild der Jagd ebenso thematisiert wie in Honoré Daumiers Jägerkarikaturen. Sehr sehenswert sind die Kupferstichfolge des barocken Augsburger Malers und Stechers Johann Elias Ridinger und die stimmungsvollen Jagdszenen von Hugo Mühlig.
Die absoluten Höhepunkte dieser Schau bilden allerdings die aus der Alten Pinakothek in München und der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe entliehenen Jagdstilleben. Die feinen Gemälde mit dem erlegten Wild gehen weit hinaus über die Darstellung "schöner Beute" und die Zeugnisse von Jagdglück. Sie sind Sinnbilder jenes Spannungsfeldes aus Leben und Tod, aus Lebenslust und Todesahnung, in dem nicht nur Jäger, sondern alle Menschen leben.
Bis 3. März, Öffnungszeiten Dienstag - Freitag: 15 - 18 Uhr
Samstag, Sonntag, Feiertag: 14 -18 Uhr, Tel.: 06561-9645-0

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