Mehr als eine One-Woman-Show

Luxemburg · Premiere für die neue Opern-Eigenproduktion im Grand Théâtre Luxemburg: Der Doppel-Abend "Susannas Geheimnis" und "Die menschliche Stimme" vereinigt Komödie und Tragödie, eine Sängerin von Weltformat sowie zwei Werke von sehr unterschiedlichem Gewicht.

 Anna Caterina Antonacci mit ihrem Requisit, dem Telefon. Foto: Bohumil Kostohryz

Anna Caterina Antonacci mit ihrem Requisit, dem Telefon. Foto: Bohumil Kostohryz

Luxemburg. Nein, es ist nicht die Salome von Richard Strauss, die sich da auf einem Diwan räkelt. Obwohl die Musik zu "La voix humaine" von Francis Poulenc genauso schwül und stickig beginnt. Dirigent Pascal Rophé und die Luxemburger Philharmoniker kosten das ordentlich aus, betreiben Lautmalerei mit dem kräftigen Pinsel, schalten aber auf präzise, hochkonzentrierte Begleitung um, wenn sich die Handlung detaillierter entfaltet.
Was heißt Handlung? Es geht um ein Telefongespräch. Eine Dreiviertelstunde dauert es, geführt von einer verzweifelten Frau, die eine Liebe festzuhalten versucht, die ihr Telefonpartner längst nicht mehr teilt. Sie wirbt und flirtet, beschwört, verflucht, kämpft - aber der Geliebte entgleitet ihr immer mehr.
Weil Poulenc diese - auf einem Cocteau-Text basierende - Handlung so packend auskomponiert hat, lieben Operndiven dieses Stück. Oft gerät es zu einer exaltierten One-Woman-Show zwischen Tremolo und Tränendrüsen. Anna Caterina Antonacci, eine der weltweit führenden Mezzosopranistinnen, gestaltet die Rolle einfühlsam, unaufgeregt, mit psychologischer Tiefe. Vom chansonnesken Gurren bis zum dramatischen Ausbruch steht ihr eine breite Skala musikalischer Ausdrucksformen zur Verfügung.
Regisseur Ludovic Lagarde und Bühnenbildner Antoine Vasseur lassen sie durch einen Bungalow irren, der in kühlem, fast eisigem Weiß gehalten ist. Immer getrieben von der Angst, getrennt zu werden - was sowohl im übertragenen Sinn gilt als auch ganz praktisch für die wacklige Telefonleitung. Auf Videoschirmen wird ihr Gesicht herangezoomt, die Tränen sind ihr auf den Wangen förmlich festgefroren.
Hinter dieser fulminanten Höllenfahrt bleibt "Susannas Geheimnis" zurück, ein Operettchen von Ermanno Wolf-Ferrari. Das Thema ist ganz hübsch: Brave Gattin frönt heimlich dem Laster des Rauchens, eifersüchtiger Ehemann (gut: Vittorio Prato) schließt aus der verqualmten Bude fälschlicherweise auf einen Liebhaber, es gibt allerlei Irrungen und Wirrungen, bis man sich am Ende zwecks gemeinsamer Produktion von blauem Dunst wieder versöhnt. Da ließe sich im Zeitalter der Anti-Raucher-Hysterie was machen - aber hier wird nicht mehr daraus als eine blasse Komödie. DiL
Weitere Vorstellung im Grand Théâtre am 23. Februar.

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