Musik, die direkt aus der Seele kommt

Bernkastel-Wehlen · Mit einem mutigen wie großartigen Programm begeisterten die Skride-Schwestern und der Cellist Julian Steckel am Sonntag 170 Zuhörer im Kloster Machern. Beim Konzert des Mosel Musikfestivals standen Werke von Peteris Vasks und Johannes Brahms auf dem Programm.

Bernkastel-Wehlen. Musik ist Seelensprache. Wer es immer noch nicht geglaubt hatte, der ging am Sonntag im Kloster Machern bekehrt nach Hause. Auf dem hochinteressanten Programm standen zwei Stücke, die nichts anderes sind als in Klangformen gebrachter Ausdruck von Gefühl und Seelenzustand.
Mit den drei Skride-Schwestern, die gemeinsam mit dem jungen talentierten Cellisten Julian Steckel musizierten, waren Interpreten an die Mosel gekommen, die jene musikalische Seelenangelegenheit zu ihrer ureigenen existenziellen Sache machten.
Der Abend begann mit Peteris Vasks höllisch schwerem Klavierquartett. "Mitleiden mit dem Schmerz der Welt" sei der "Ausgangspunkt seines Schaffens" hat der zeitgenössische lettische Komponist (geboren 1946) einmal gesagt. Woraus für ihn folgt: "Ich suche den direkten Ausdruck. Musik muss für mich erst einmal emotional sein."
Vasks ist einer, der tief in der Musikgeschichte verwurzelt ist und doch seine ganz eigene Sprache gefunden hat. Sein bewegendes Klavierquartett ist eigentlich nichts anderes als ein Bericht aus der Provinz einer in höchstem Maß traumatisierten Seele. Drängend, unmittelbar, manchmal spannend bis zum Bersten brachten die Musiker ans Licht, was sich in der düsteren Schwere dieser Seelennacht verbirgt.
Mit ihrem packenden Spiel machten das Schwestern-Trio und der Cellist die Zuhörer zu Leidensgenossen dieser Zerrissenheit, zu Mitwissern der Fragen und Antworten, der gellenden Schreie, des tröstenden, zuweilen sehnsüchtigen Gesangs der Geigen. Atemberaubend gerade in den hohen Lagen: Baiba Skrides herrliche Stradivari. Wunderbar erklang der samtene Ton von Linda Skrides Viola.
Entschlossen und prägnant hielt Schwester Lauma am Klavier das Stück zusammen. Wie eine Totenglocke klang das Klavier gleich zu Beginn. Zitternd antworteten die Geigen. Den drei Künstlerinnen war Steckels Cello ein kraftvoller vielfarbiger Gesprächspartner.
Nach der Pause dann Brahms spannungsreiches Klavierquartett Nr. 1 in g-Moll. Auch das ein Stück von geradezu bedrängender Seelensprache und emotionaler Kraft. Doch dort, wo Vasks Musik zu verzweifeln droht und am Ende in Schwermut zurücksinkt, da tröstete Brahms mit jener betörenden Süße und Innigkeit, zu der eben nur Brahms fähig ist. Noch einmal sangen sich Geige und Viola direkt und tief in die Gefühlswelten ihrer Zuhörer. Auch hier fesselten die Spielfreude des Quartetts und nicht zuletzt ihr Witz, der gerade bei Brahms jedem Hang zum Rührstück zuwiderläuft. So wie beim Pizzicato, als die beiden Geigerinnen die Töne gleichsam aus den Saiten kitzelten. er

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort