Schwarzes Musicalvergnügen mit dem Barbier des Grauens

Neunkirchen · Zu welchen Leistungen ein junges Team in der Lage ist, das sich vorgenommen hat, ein ambitioniertes Musical-Projekt auf die Beine zu stellen, zeigt Stephen Sondheims "Sweeney Todd" in der Gebläsehalle Neunkirchen/Saar.

Neunkirchen. Eine Prise schwarzer Humor kann nicht schaden, wenn man so richtig Spaß haben will an der Schauerkomödie um einen mörderischen Friseur in der Londoner Fleet Street. Das Leben hat es nicht gut gemeint mit dem Mann, der sich jetzt Sweeney Todd nennt. Ein missgünstiger Richter hat sein Leben ruiniert, seine Familie zerstört und ihm viele Jahre Verbannung beschert. Nun kommt er zurück, zunehmend in den Fängen des Wahnsinns verstrickt, um Rache an der Menschheit zu nehmen.
Pasteten vom Killer-Friseur


Gemeinsam mit der kaum minder verrückten Bäckerin Mrs. Lovett bildet er ein Erfolgs-Duo: Er murkst mit dem scharfen Barbiermesser seine Kunden ab, sie verarbeitet die sterblichen Überreste zu Pasteten, die ob ihrer Nahrhaftigkeit und des würzigen Geschmacks zur kulinarischen Attraktion der Stadt avancieren.
Der Komponist und Autor Stephen Sondheim hat aus der schwarzen Komödie ein schillerndes, augenzwinkerndes, packendes Musical gemacht. Musikalisch lässt es das gefällige Lloyd-Webber-Einerlei um Welten hinter sich, stellt allerdings auch hohe Anforderungen an Sänger und Orchester.
Die jungen Leute von "Magic Entertain" um Regisseur und Manager Tim Ganter müssen auch ein bisschen verrückt sein. Sonst hätten sie kaum dieses schwierige Stück gewählt, um mit Schülern und Studenten eine eigene Produktion auf die Beine zu stellen - maßgeblich finanziert durch Internet-Crowdfunding.
Herausgekommen ist ein überzeugender, witziger, stimmiger Abend, der vom Publikum in der gut besuchten Neunkirchener Gebläsehalle begeistert gefeiert wurde. Vor allem das Hauptrollen-Duo Julien Hirschauer und Anika Hoff überzeugte durch darstellerische Präsenz und souveränen Gesang. Manch anderen führte die Partitur auch an seine musikalischen Grenzen.
Das kleine Orchester unter Leitung von Heike Ehl schlug sich mehr als wacker, klang logischerweise weniger sinfonisch, aber ausgesprochen frisch und durchaus präzise. Tim Ganters Regie konzentrierte sich auf solides Arrangieren, was dem Erzählfluss der Geschichte zugute kam.
Unterm Strich eine gute Gelegenheit, dieses Musical kennenzulernen - zumal mit dem Hair-erprobten, auch sängerisch versierten Maximilian Millen sowie Sandro Mariotti zwei junge Trierer in maßgeblichen Rollen mitwirken. Und dabei darstellerisch rundum überzeugen. DiL
Letzte Vorstellung heute, 21. Juni, 19.30 Uhr. Ein Besuch lohnt sich auch wegen des tollen Ambientes im Ex-Stahlwerk. Tickets: www.sweeneytodd-musical.de.

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