Skurril, humorvoll, schaurig-schön

Merzig · Ausverkauft, laut und ausgelassen: Im Zeltpalast Merzig hat das Musical "Addams Family" am Wochenende Premiere gefeiert. Zeltpalast-Chef Joachim Arnold hatte das Stück als exklusive deutsche Erstaufführung ins Saarland geholt.

 Schräge Typen und irrer Grusel im Merziger Zeltpalast: Onkel Fester (Enrico DePieri) präsentiert dem Publikum der deutschen Musical-Erstaufführung von „Addams Family“ einen abgetrennten Kopf. Foto: Zeltpalast Merzig/Rolf Ruppenthal

Schräge Typen und irrer Grusel im Merziger Zeltpalast: Onkel Fester (Enrico DePieri) präsentiert dem Publikum der deutschen Musical-Erstaufführung von „Addams Family“ einen abgetrennten Kopf. Foto: Zeltpalast Merzig/Rolf Ruppenthal

Merzig. Sie mögen\'s dunkel. Der Tod ist ihre Passion. Tiefschwarz gekleidet begegnen sie der Welt mit Humor, aber ohne Gnade, ohne Scheu. Nichts ist ihnen zu schrecklich, nichts ist ihnen zu hässlich.
Hinter dem lilafarbenen Vorhang verbirgt sich ihre eigene Welt, hinter Schatten und alten Gemäuern. Und wenn sich der Vorhang öffnet, muss das Publikum mit dem Schauer leben, sich der dunklen Seite hingeben, sich dem schwarzen Humor beugen.
Denn das Musical "Addams Family" nimmt in seinen Dialogen kein Blatt vor den Mund. Die Witze sind manchmal dreckig, oft verrückt, aber sympathisch. Und viel wichtiger: Dem Publikum gefällt\'s. Die schrägen Sprüche, ein paar Todeshymnen und etwas Erotik, gepaart mit Musik und Tanz bringen die Menge in Schwung. Der Zeltpalast in Merzig lebt auf, Lachen erfüllt den Saal. Von Beginn an lassen sich die Besucher mitreißen, lassen sich auf die unkonventionelle, aber liebenswerte Familie ein.
Eine große Freude für den Zeltpalast-Chef Joachim Arnold, denn er hat an die ungewöhnliche Idee geglaubt und sich für das Musical eingesetzt. Ohne ihn hätte es die deutsche Musical-Erstaufführung nicht gegeben. Ohne ihn gäbe es noch nicht einmal die Vision. In Sydney sah er das Musical zum ersten Mal, mitgerissen von der Stimmung des schrägen Kultstücks beschloss er, die "Addams Family" nach Deutschland zu holen - mit deutschen Texten und einer neuen szenischen Konzeption. Und das ist ihm gelungen.
Auf der Bühne gibt es schaurig-schöne Kostüme zu sehen, entworfen von der Triererin Ulli Kremer: schwarz, etwas modrig, zerfetzt und verbraucht. So wirkt die "Addams Family", wie es sein soll, verrückt und unkultiviert. Angelehnt sind die Figuren an die Cartoons von Chas Addams, die eine Fernsehserie in den 60er Jahren inspirierten, die ihrerseits zwei erfolgreiche Filmversionen in den 90ern nach sich zog.Unheimlich sympathisch


Die liebgewonnenen Charaktere finden alle ihren Platz auf der Merziger Bühne wieder: Mama Moriticia mit ihren langen schwarzen Haaren und ihr Latino-Ehemann Gomez mit dem sympathisch unheimlichen Akzent. Beide besorgt um ihre Tochter Wednesday, die sich in den normalen Bürger Lucas verliebt. Schlimm nur, dass die Addams alles andere als angepasst und konturlos sind. Mit Grandma, die gerne auf dem Dachboden Gras raucht, Onkel Fester, Butler Lurch und Sohn Pugsley kommen noch vier weitere verrückte Gestalten hinzu. Letzterer klagt etwa über seine Schwester: "Ich will, dass Wednesday mich wieder quält. Seit sie ihren neuen Freund hat, macht sie das nicht mehr."
Unvermeidlich bei dieser schrägen Gruselsippe, dass es beim Treffen mit den Schwiegereltern zu Problemen kommt. Denn Lucas Eltern sind staubtrocken, langweilig, humorlos. Da prallen Fronten aufeinander. Gerade dieser Gegensatz ist von Regisseur Andreas Gergen exzellent herausgearbeitet - mit Charme und sehr viel Witz.
Im Verlauf der Geschichte über die Konfrontation der Familien aus zwei verschiedenen Welten variieren die Lieder von lustig-ironisch bis ernsthaft und traurig. Vor allem Musical-Star Uwe Kröger (Papa Addams) und April Hailer (spießige Mutter Alice) bringen Qualität und Ausdrucksstärke auf die Bühne. Als weitere Stützen im stark besetzten Ensemble glänzen Edda Petri (Morticia) und Anne Welte (Grandma) mit ihrer Performance.
Nicht zu vergessen: Das dreizehnköpfige Orchester unter der Leitung von Tobias Deutschmann, das die Lieder in deutscher Version zum Leben erweckt. Joachim Arnold ist zufrieden: "Ich bin heute ein glücklicher Mensch. Die Show kam gut an und fand den direkten Draht zum Publikum. Das ist das Wichtigste." Das beweist auch die Reaktion der Zuschauer, die nach der Vorstellung stehend applaudieren und nach Zugaben rufen.
"The Addams Family" ist bis zum 28. September jeweils freitags bis sonntags um 20 Uhr im Zeltpalast Merzig zu sehen. An Samstagen und Sonntagen gibt es auch Nachmittagsvorstellungen. Karten im TV-Service-Center Trier, unter 0651/7199-996 oder auf www.volksfreund.de/tickets . Details zur Produktion unter www.musik-theater.de

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