Tröstende und trotzige Töne

Trier · Ein weiterer Höhepunkt des Mosel Musikfestivals: Im Barocksaal des Kurfürstlichen Palais in Trier begeisterte die russische Pianistin Olga Scheps etwa 200 Zuhörer.

 1999 gewann Olga Scheps den Bundeswettbewerb „Jugend musiziert“, 2001 „Jugend spielt Klassik“. Knapp zehn Jahre später, 2010, erhielt sie bereits einen Klassik-Echo.TV-Foto: Eva-Maria Reuther

1999 gewann Olga Scheps den Bundeswettbewerb „Jugend musiziert“, 2001 „Jugend spielt Klassik“. Knapp zehn Jahre später, 2010, erhielt sie bereits einen Klassik-Echo.TV-Foto: Eva-Maria Reuther

Trier. Das Publikum des Mosel Musikfestivals ist nicht nur dankbar. Es ist auch voller Hingabe an seine Künstler. Schon mit den ersten Tönen hatte Olga Scheps die Zuhörer im ausverkauften Barocksaal des Kurfürstlichen Palais auf ihrer Seite. Das lag natürlich auch am Spiel und an der Ausstrahlung der jungen russischen Pianistin, denen sich kaum jemand entziehen kann. Ihr frischer Zugriff, ihr unverstelltes Gefühl nehmen den Zuhörer sogleich für sie ein. Und dann ihre Ausdrucksvielfalt: Olga Scheps kann Töne leuchten und sie ein anderes Mal schattenhaft huschen lassen. Ihr Spiel kann trösten und trotzen, vor Freude überborden und tief in sich hineinhören.
Die 1986 geborene Künstlerin ist eine technisch brillante Klavierspielerin und dabei eine durchaus eigenwillige Interpretin. Nach Trier hatte sie ein Programm romantischer Klaviermusik mitgebracht, dessen Vortrag zweierlei bestätigte: Olga Scheps große Stärke liegt in den leisen, nachdenklichen Tönen und Partien.
Gleichwohl kann sie - wie in Franz Schuberts Impromptu Nr. 4, op. 90, in As-Dur - durch energischen Zugriff einem tausendmal gehörten Stück frischen Ausdruck verleihen und ihren Zuhörern neue Hörerfahrungen vermitteln. Überhaupt hatte Olga Scheps\' Schubert nichts von falscher Romantik oder jener traumverlorenen Gefühlsseligkeit, die sich selbst genügt. Ihr Spiel ist klar, gut strukturiert, auftrumpfend bisweilen. So als ob sie der Klangseligkeit Kraft und Willensstärke entgegensetzen müsse.
Großartig: Schuberts selten gespielte Ungarische Melodie, D 817. Olga Scheps machte all ihre Widersprüche hörbar, das Gefällige wie das Gespenstische. Und auch in Peter Tschaikowskys Natha-valse, op. 51, Nr. 4, sprühte sie nur so vor Spielfreude, mal übermütig, mal voller Gefühl.
Wärme und Wehmut spürbar


Zum Höhepunkt gerieten Johannes Brahms wunderbare Intermezzi op. 117, Nr. 1 und Nr. 2. Olga Scheps leuchtete geradezu die Musik aus, machte ihre Wärme wie ihre Wehmut spürbar, setzte in vielfarbigen Klang um, was an Liebe, an Sehnsucht, an bedrohlichen Schatten und Trugbildern in dieser Musik ist. Zum Schluss ein recht deftiger Faschingsschwank von Robert Schumann. Das Publikum war begeistert und spendete anhaltenden Beifall.

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