Zwischen Wahrheit, Lüge und Schicksal

Wittlich · Daniel Kehlmann, der mit "Die Vermessung der Welt" einen Welterfolg landete, kommt im Juni zum Eifel-Literatur-Festival nach Wittlich. Er liest dort aus seinem neuen Roman "F". Der schlichte Titel steht für eine Vielzahl von Themen wie Familie, Fälschung, Finanzkrise oder Fatum (Schicksal), die in der Geschichte dreier Brüder verwoben werden.

eifel-literatur-festival 2014


Wittlich. Auf dem Buchumschlag von Daniel Kehlmanns aktuellem Roman prangt ein großes "F", dessen verschwommene Konturen das Auge des Betrachters täuschen. Um Täuschung geht es auch im Buch. Es erzählt von drei Brüdern, die jeder auf seine Weise ein Geschäft mit der Illusion machen. Sie bewegen sich in drei Bereichen: Kirche, Kapital und Kunst.
Martin ist katholischer Priester, der selbst nicht an Gott glaubt. Eric ist Anlageberater, der seine Kunden mit virtuellen Rendite-Zahlen betrügt und hoch verschuldet ist. Sein Zwillingsbruder Iwan malt Bilder unter dem Namen eines verstorbenen Künstlers und manipuliert den Kunstmarkt, um sie gewinnbringend zu verkaufen. Kern der Handlung ist ein einziger Sommertag kurz vor der Finanzkrise 2008, der für alle Drei gewissermaßen zum Schicksalstag wird.
Bevor Kehlmann dessen Ablauf aus der Perspektive jedes einzelnen Bruders erzählt, legt er noch eine andere Geschichte an. Ihr Oberthema ist Familie und Abstammung, die Hauptfigur Arthur Friedland, der Vater der Brüder. Der erfolglose Autor hatte die Familie verlassen. Als Erwachsene hören sie wieder von ihm, er hat einen Bestseller, Titel: "Mein Name sei Niemand", geschrieben, dessen Hauptfigur "F" heißt. Sohn Martin reflektiert darüber: "Ist ,Mein Name sei Niemand\' ein fröhliches Experiment und damit das zweckfreie Produkt eines spielenden Geistes, oder ist es ein böswilliger Angriff auf die Seele jedes Menschen, der es liest?"
Es gehört zu Kehlmanns immer wieder aufblitzendem Hintersinn, dass sich das auch auf sein eigenes Buch beziehen lässt. In seiner Anlage wirkt es wie ein Experiment, dessen Kernfrage aber erst zum Schluss deutlich wird, als sich die Fäden trickreich zusammenfügen: Wie weit ist ein Schicksal vorherbestimmt? Ist, was wir vermeintlich selbstbestimmt tun, was wir glauben oder für unverrückbar halten, nicht doch nur ein Produkt von Zufällen, Täuschungen und Irrtümern? Kehlmann verknüpft in "F" viele menschlich und gesellschaftlich relevante Themen über trickreich angelegte Doppelbödigkeit. ae

Daniel Kehlmann, F, Roman. Rowohlt Verlag, Reinbek 2013. 380 Seiten, 22,95 Euro.
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Daniel Kehlmann (Foto: dpa), 1975 in München geboren, lebt in Berlin und Wien. Er ist mit vielen Literaturpreisen ausgezeichnet worden. Sein Roman "Die Vermessung der Welt" ist in 46 Sprachen übersetzt worden und zählt zu den erfolgreichsten deutschen Büchern der Nachkriegszeit. Daniel Kehlmann liest als Gast des Eifel-Literatur-Festivals am Freitag, 6. Juni, um 20 Uhr im Eventum Wittlich. Karten, auch ein Jahresfestivalticket mit Platzreservierung, gibt es im TV-Service-Center in Trier, unter der Hotline 0651/7199-996 sowie unter der Internet-Adresse www.volksfreund.de/tickets Informationen über das Festival unter www.eifel-literatur-festival.de ae

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