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132Aufgeregt redete er auf den Alchimisten ein, der noch im verknitterten Schlafhemd aus seinem Turmzimmer heruntergelaufen war."Sieh zu, dass du genug vom lebenden Feuer bereit machst für die Verteidigung."Wenig später saß der Trupp von kaum hundert Männern auf den Pferden und ritt den Steilpfad von Almenara hinab zum Weg durch den Wald aus Pinien und Steineichen."Sind wir nicht zu wenige?

" Halb vornübergeneigt lag Martí auf Pretz und dachte nicht an den Kampf, sondern an Zubh, deren Herz an Hamid hing. Deswegen hatte sie seine Liebe nicht gewollt, seine Zärtlichkeiten verschmäht, obwohl sie seine Sklavin war. Der Amir hatte sie ihm, nicht Hamid zugedacht. Heilige Jungfrau, sie war eine Dienerin ohne Recht auf sich selbst, die ihm zu seinem Vergnügen geschenkt worden war. Jeden Tag hätte er sie zurückschicken können, doch er hatte es nicht getan, aus Sorge um ihr weiteres Schicksal, Idiot, der er war, und jetzt würde er vielleicht sterben, und sie, wenn sie es hörte, würde erleichtert sein und sonst nichts."Sei still, Dummkopf", keuchte Hamid. "Wir haben nichts zu verlieren, aber alles zu gewinnen. Wenn sie erst Al Quatara eingenommen haben, werden die anderen Burgen fallen. Du und ich, wir werden es nicht überleben. Also - du weißt, wie du kämpfen musst. Alles, was ich kann, habe ich an dich weitergegeben. Allah ist mit den Standhaften."Sie ritten an der Spitze der Männer. Die Belagerungsmaschinen folgten ihnen in weitem Abstand. Von Maultieren und Ochsen gezogen, würden sie mindestens einen Tag länger brauchen, den entscheidenden Tag, wie Martí und Hamid nur zu gut wussten, und bis dahin war der Kampf um die Festung womöglich entschieden.Während sie durch die Nacht ritten, brannte Al Quatara bereits, waren die Verteidiger wahrscheinlich schon niedergemacht und in Ketten gelegt."Wir müssen so lange aushalten, bis die Maschinen eingetroffen sind, mehr nicht, Männer. Allahu akbar!""Allahu akbar!", schrien die Männer hinter ihnen.Zubh, ihre offenen Tränen, ihre heimlichen Verwünschungen, ihr beständiger Hass. Angesichts des Todes erschien Martí das alles ernster denn je. Es war ein Fehler gewesen, sie bei sich zu behalten. Die Nacht war beängstigend still, während sie durch den Bergwald dahinritten. Ein nicht ganz vollständiger Mond stand hoch über ihnen.Das, was Martí über Monate nicht hatte wahrhaben wollen, wurde ihm, während er schweigend hinter Hamid ritt, klar wie eine Offenbarung.Zubh. Natürlich liebte sie Hamid. Am Anfang waren es nur Blicke gewesen, wenn Zubh bei festlichen Abenden vor den Männern in der Burg gesungen und getanzt hatte. Vielleicht war es sogar mit Wissen und Willen Al Qutis geschehen, dass die beiden sich ineinander verliebt hatten. Wie auch immer, es war ihnen gelungen, sich zu begegnen, und sie hatten sich Liebe und Treue für den Rest ihres Lebens geschworen. Da war nichts leicht gewesen in dieser Liebe. Jede Begegnung war ein Spiel auf Leben und Tod, schnell erzürnt und hochverletzlich, wie der Eunuch war.Die Christen hatten ihre Gesetze, die der Muslime aber waren, was Liebe und die Beziehungen von Mann und Frau anging, um ein Vielfaches strenger.So klar die Regeln aber auch waren und so eindeutig die schöne Zubh seine Sklavin war, er konnte sie nicht zwingen, ihn zu lieben, ihm zugetan zu sein.Eulen schrien durch die Nacht, und dann war wieder undurchdringliche Stille. Keiner der Männer sprach ein Wort, auch Hamid schwieg. Am Ende dachte Hamid an Zubh, das war sogar wahrscheinlich."Woran denkst du?", fragte Martí selbstquälerisch."Daran, dass sie uns nicht in der Nacht erwarten werden", gab Hamid zurück. "Sie werden schlafen, wenn wir eintreffen.""Sind wir schnell genug?""Schneller jedenfalls, als wir an einem heißen Tag wären. Es ist trocken, und der Mond leuchtet. Allah ist mit uns. Unser Zorn gibt uns Flügel."Der beste Moment für den Angriff, so lehrten es die Handbücher der Kriegskunst, war die Stunde vor dem Morgengrauen, wenn die Feinde am tiefsten schliefen. Sie trieben die Pferde an. Alles kam darauf an, vor dem Gebetsruf am Ziel zu sein. Fortsetzung folgt. Das Buch "Der Sänger und die Ketzerin" ist in allen TV-Pressecentern für 9.90 Euro erhältlich.

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