Autorenfeuerwerk vor Rekordkulisse

Das Eifel-Literatur-Festival ist gestern mit der Lesung von Margot Käßmann zu Ende gegangen und hat schon wieder Rekorde gebrochen: Mehr als 10 000 Besucher kamen zu den Lesungen von 30 Autoren an 20 Orten eifelweit. Über diese Rekordkulissen freut sich Initiator Josef Zierden aus Prüm (Kreis Bitburg-Prüm).

 Josef Zierden. TV-Foto: Stefanie Glandien

Josef Zierden. TV-Foto: Stefanie Glandien

Prüm. (sn) Das Eifel-Literatur-Festival, Ausgabe 2008, ist vorüber. Nicht nur das Programm ist gewachsen, auch die Zuschauerzahlen sind gestiegen. Über das vergangene und zukünftige Festival 2010 sprach unsere Redakteurin Stefanie Glandien mit Organisator Josef Zierden.

30 Autoren in zehn Landkreisen, fast immer hieß es "ausverkauft" - wie viele Besucher kamen zum achten Eifel-Literatur-Festival?

Josef Zierden: Mehr als 10 000 Besucher lauschten 30 Autoren an rund 20 Orten eifelweit. Wären nicht drei Lesungen wegen Autoren-Erkrankung abgesagt worden, hätten wir mehr als 11 000 Besucher verzeichnen können - neuer Rekord. Im Durchschnitt kamen fast 400 Besucher zu einer Festival-Lesung. Spitzenreiter waren Martin Walser mit 1300 Besuchern und Pater Anselm Grün mit rund 1000 Zuhörern.

Aus der einst sehr privaten Initiative ist das bedeutendste Literaturfestival von Rheinland-Pfalz und eines der meistbeachteten in Deutschland geworden. Macht Sie das als "Vater" und "Geburtshelfer" stolz?

Zierden: Wenn "Stolz" nicht als Hochmut und Dünkel verstanden wird, dann ja. Das Festival führt allüberall Autoren und Zuhörer mit Rekordkulissen zusammen. Selbst da, wo es noch nie eine Lesung gegeben hat. Und das in einer Zeit, in der immer weniger gelesen wird, in der bei Kulturveranstaltungen immer mehr gespart wird und in der viele andere Lesungen eher mit bescheidenen Zuschauerzahlen dahindümpeln.

Der Kulturstaatssekretär Joachim Hofmann-Göttig sagte, das Eifel-Literatur-Festival sei wie ein Leuchtturm, der grenzüberschreitend sichtbar geworden ist. Grenzen wurden überschritten, Grenzen wurden aber auch gezeigt: Nicht überall funktionierte die Vermarktung so gut wie in der Heimat.

Zierden: Natürlich finden wir dort leichter Zuhörer, wo wir seit Jahren zuhause sind - in der Region Trier. Dort haben wir ja auch eingespielte Pressepower im Rücken, nicht zuletzt unseres Medienpartners "Trierischer Volksfreund". Nur in Ausnahmefällen war die "Abstimmung mit Füßen" nicht so berauschend. Da werden wir 2010 sicher auf eine Neuauflage verzichten - zugunsten ergiebigerer Regionen.

Erstmals wurde in der Eifel ein internationaler Literatur-Preis verliehen. Wird der Preis wieder Bestandteil der nächsten Festivals sein?

Zierden: Dafür spricht, dass er uns verstärkte überregionale Beachtung beschert hat: Aufmacher im Kulturteil der F.A.Z., Aufnahme in einen auflagenstarken "Focus"-Flyer auf der Leipziger Buchmesse. Dagegen sprechen Unwägbarkeiten in der Finanzierung. Das Programm hat Vorrang. Die "Preisfrage" ist noch völlig offen.

Senta Berger hatte andere Verpflichtungen, Roger Willemsen verpasste den Flieger, Juli Zeh hatte den Finger weh, Andrea Maria Schenkel erlitt einen Bandscheibenvorfall, und Wilhelm Genazino bekam eine Kolik. Wenn alle Lesungen nachgeholt werden, steht ja schon das Programm für 2010, oder?

Zierden: Die Absagen waren begründeter, als es in der Frage gelegentlich anklingt. Und: sehr kurzfristig und nur schwer nachzuholen, allen Bemühungen zum Trotz. Immerhin haben wir Senta Berger durch Susanne Fröhlich und Wilhelm Genazino durch Herta Müller ersetzen können, heißer Nobelpreisaspirant 2008. Stets vor "vollem Haus". Und: 27 Veranstaltungen haben programmgemäß stattgefunden. Das Programm 2010 wird wesentlich mehr sein als ein Aufguss alter Termine.

Das Programm sei zu bunt, zu wenig literarisch, sagen die Kritiker. Wieso hatten Ihrer Meinung nach beispielsweise die Lesungen von Nachrichtensprecherin Petra Gerster und Schauspielerin Iris Berben dennoch ihre Berechtigung?

Zierden: Die Breite des Literaturbegriffs sowie die Vielfalt und Prominenz der Autoren sind und bleiben das große Plus des Festivals. Da ist für jeden etwas dabei, auch für die Kritiker - die anspruchsvolle Veranstaltungen wie die mit Ingo Schulze, Urs Widmer, Christoph Ransmayr oder Rüdiger Safranski möglicherweise nicht einmal besucht haben. Gersters Beitrag zum Älterwerden oder Berbens faszinierende Rezitationskunst und die Wiederentdeckung eines verschollenen Autors - auch das waren Höhepunkte im Festivalprogramm. Mehr als 1000 Zuhörer waren von den beiden begeistert. Ist das nicht Berechtigung genug?

Ein Blick in die Zukunft: Bisher mussten Sie mit einem Landeszuschuss von 30 000 Euro haushalten. 2010 gibt das Land 50 000 Euro mehr an Förderung. Eröffnen sich nun neue Perspektiven?

Zierden: Die Programmkonzeption wird bleiben. Organisatorisch wollen wir uns professionalisieren, im Marketing die bundesweite Resonanz noch stärken. Der Landeszuschuss fördert Planungssicherheit und Unabhängigkeit des Festivals - mein "großes Dankeschön!" gilt der Landesregierung in Mainz.

Meinung

Der Herr der Bücher

Jacques Berndorf nennt Josef Zierden den "Herrn der Bücher", für Martin Walser ist er ein "Literatur-Verrückter", für die Eifel ist er einfach ein immenser Glücksfall. Fernab der Metropolen erschuf Zierden etwas ganz Großes: Das bedeutendste Literatur-Festival in Rheinland-Pfalz. Wer ihn kennt, weiß, dass er hartnäckig sein kann. Mit Charme, Konsequenz und unermüdlichem Eifer bis fast hin zur Besessenheit stellt er ehrenamtlich ein Programm auf die Beine, das seinesgleichen sucht. Und wen er ruft, der kommt: Mario Adorf, Siegfried Lenz, Martin Walser, Daniel Kehlmann, Imre Kertesz, und und und. Die Zuschauer, die zu den Lesungen strömen, zeigen, dass er das Richtige tut. Dass ihm das Land nun den Etat erhöht, ist in Zeiten knapper Kassen mehr als ein erfreuliches Zeichen. s.glandien@volksfreund.de

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