Harter Stoff - „Sand“ von Wolfgang Herrndorf

Mit „Sand“ wird Wolfgang Herrndorf, vor vier Jahren Förderpreisträger des Festivals, vielleicht einen Teil der Leserschaft vor den Kopf stoßen, die er mit seinem vorigen Roman „Tschick“, diesem Jugendbuch für alle Generationen, so bezaubert hat (der TV berichtete). Aber da müssen wir durch. Denn Herrndorf, der uns in seinem neuen Roman erheblich härteren Stoff serviert, erweist sich auch darin als unheimlich starker Erzähler.

Was haben wir hier? Einen wilden Psychospionagethriller, den Herrndorf in flirrender nordafrikanischer Hitze inszeniert: In einer Hippiekommune am Rand der Sahara werden vier Menschen ermordet und ein Geldkoffer geklaut. Ein ziemlich unzulänglicher Polizist beginnt planlos zu ermitteln und stolpert in eine Geschichte, die immer verrückter, verrätselter und fatamorganahafter scheint. Auf Seite 85 beginnt alles praktisch noch einmal von vorn, der Leser befindet sich plötzlich im Kopf eines Erzählers ohne Gedächtnis und rätselt lange, wer da eigentlich spricht.

"Sand" zieht uns den Boden unter den Füßen weg - aber im Fallen lesen wir weiter, beeindruckt und schockiert, verwirrt und prächtig unterhalten. Denn Herrndorf setzt auch hier, wenn auch sparsamer dosiert als in seinen vorigen Büchern, seinen einzigartigen Sinn für Komik ein. Am dennoch bitterbösen Ende bleiben viele Fragen offen. Nicht aber die, ob Wolfgang Herrndorf ein großartiger Autor ist. Ausgezeichnet mit dem Preis der Leipziger Buchmesse.

Wolfgang Herrndorf: Sand Rowohlt Berlin, 480 Seiten, 19,95 Euro. ISBN: 978-3- 87134-734-4

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