Lese-Spektakel im Sternenglanz

Bitburg · Nicht zu viel versprochen hatte Josef Zierden, Organisator des Eifel-Literatur-Festivals, mit der Ankündigung, Bestsellerautor Frank Schätzing inszeniert in Bitburg eine Multimedia-Show der Superlative. Mit einer perfekt abgestimmten Mischung aus Film, Lesung, Vortrag, Hörbuch und Soundtrack unterhielt Schätzing zwei Stunden lang sein Publikum Bitburg.

 Spektakulärer Auftritt: Frank Schätzing vor einem projizierten Sternenhimmel. TV-Foto: Rudolf Höser

Spektakulärer Auftritt: Frank Schätzing vor einem projizierten Sternenhimmel. TV-Foto: Rudolf Höser

Ein Hilferuf aus dem Publikum erklingt: "Geht das auch was leiser?" Nein. Denn wenn der Weltraumfahrstuhl startet, gibt es ordentlich etwas auf die Ohren. Es dröhnt, bis der Bauch vibriert. "Wrrrrum". Der Raum ist dunkel.

Nur ein kleiner Spot erhellt Thriller-Autor Frank Schätzing, der mit einem elektronischen Lesegerät die Bühne betritt. Wer will auch schon den ganzen Abend einen 1328 Seiten dicken Wälzer mit sich rumschleppen? Die Lesung beginnt mit dem Prolog aus seinem Roman "Limit", angesiedelt im Jahr 2025. Darin geht es um den Wettlauf mehrerer Nationen, die den Mond wirtschaftlich nutzen möchten. Es gibt fliegende Autos und Motorräder, einen Fahrstuhl zum Mond, ein Mondhotel und käferartige Roboter, die auf dem Trabanten "Helium-3" abbauen, einen Stoff, der die Energieversorgung auf der Erde sichern soll.

Die Zukunft á la Schätzing wird per Großleinwand in einer fiktiven Nachrichtensendung vermittelt: Statt kalten Krieg gibt es ein Mondscharmützel zwischen den USA und China, Organe kommen aus dem Drucker, Hauskatzen leuchten in der Nacht, Johannes Heesters singt auch noch mit 121 Jahren, Sylt ist überflutet, und der 1. FC Köln steht an der Spitze der Bundesligatabelle.

"Wir Kölner sind ja sehr katholisch, wir glauben an Wunder", sagt er und setzt zu einem philosophischen Diskurs über Zukunftsängste der Menschen an. Laut einer Studie hätten 60 Prozent der Deutschen Angst davor. "Wir kultivieren die Angst vor der Zukunft, dabei verwechseln wir sie ständig mit Science Fiction", sagt er. Für ihn existiere nur das Hier und Jetzt, und alles, was man brauche, sei eine Vision.

Und die hat der Meister im Geschichtenerzählen natürlich mitgebracht. Denn schließlich sei der beste Weg, die Zukunft vorauszusagen, sie selbst zu erfinden. Schätzing gefällt sich in der Rolle des Dozenten und räumt auf mit Zukunftsgerüchten. So zum Beispiel der Gedanke, dass die Raumfahrt irgendwann alltäglich wird und die Menschen per Fahrstuhl zum Mond fahren. Gar keine so unrealistische These, findet der 53-Jährige, nur dass wir, das Publikum, dies leider nicht mehr erleben werden. Tja. Dann wird das auch so schnell nichts mit dem Sex im Weltraum. Der sei bei der Schwerelosigkeit nämlich gar nicht so einfach, weiß Schätzing, der sich für seinen Roman gummibandähnliche "Love Belts" ausdenkt, die der Mondtourist im Kleiderschrank des Hotels findet. Fantasie hat er. Geradezu genial ist sein Wortgefecht mit seinen Romanfiguren, die auf der Videoleinwand auftreten. Cyber-Detektiv Owen Jericho (gespielt von Jan Josef Liefers) und die Studentin Yoyo (Milena Karas) verpassen ihrem geistigen Vater so einige Seitenhiebe, was beweist, dass Schätzing, nicht gerade uneitel, durchaus über sich selbst lachen kann. Gelacht, gelernt und gut unterhalten: Die galaktische Leseshow endet mit viel Applaus.

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