Liebeserklärungen eines lässigen Logikers

Vorläufiger Höhepunkt des Eifel-Literatur-Festivals 2010: Richard David Precht, Philosoph und Bestseller-Autor, hat in Gerolstein mehr als 500 Gäste, zumeist Frauen, in seinen Bann gezogen - mit breitem Wissen, Wortgewandtheit, dem wunderbaren Thema Liebe und nicht zuletzt: seinem Wesen.

 Richard David Precht überzeugt die Zuhörer mit breitem Wissen, Witz und Eloquenz. TV-Foto: Mario Hübner

Richard David Precht überzeugt die Zuhörer mit breitem Wissen, Witz und Eloquenz. TV-Foto: Mario Hübner

Gerolstein. Der Mann zieht, der Titel sowieso: Als klar war, dass Richard David Precht zum Eifel-Literatur-Festival 2010 nach Gerolstein kommen und über die Liebe, so der Titel seines aktuellen Bestsellers, referieren würde, waren die gut 500 Tickets rasch vergriffen. Precht und seine Themen (Liebe, Glück, der Sinn des Lebens) scheinen gerade in der andauernden Krisenzeit mit all ihren Unwägbarkeiten populärer denn je. Nach dem Motto: Wenn ich an den chaotischen Zuständen in der Welt da draußen schon nichts ändern kann, dann versuche ich doch zumindest mein (Seelen- und Liebes-)Leben zu verstehen. Und vielleicht ein Stück besser in den Griff zu kriegen.

Für das Erlebnis Precht, das die meisten bereits aus Talkshowrunden kannten, nahmen diejenigen, die einen Platz ergattern konnten, dann auch gerne ein bis zwei Stunden Anfahrt in Kauf - und wurden mit einer einzigartigen Vorstellung belohnt. "Ich habe ihn schon mal im Fernsehen gesehen, wollte ihn daher unbedingt auch mal live erleben. Ich bin begeistert", schwärmte Helga Kuhl aus Gerolstein. Andrea Willems aus Trier, die sich ebenfalls in die lange Reihe zum Signieren stellte, meinte: "Seine Bücher sind gut, sein Vortrag toll, und er ist ein interessanter Typ." Und für einen Philosophen so untypisch: nicht mit Anzug und Schal hinter einem Tisch mit dicken Büchern versteckt, verkniffen dreinblickend und der Welt entrückt, sondern lässig, offen, eloquent auf einem Barhocker vorne am Bühnenrand sitzend - mit Cowboystiefeln, Jeans und weit aufgeknöpftem Hemd.

Doch Precht auf die Rolle des schönen Schöngeists und Frauenverstehers zu reduzieren und seine Beliebtheit primär daraus zu begründen, wäre schlichtweg ignorant. Denn der 46-Jährige hat einiges auf dem Kasten und marschiert mal eben durch die Evolutionsgeschichte, um die Grundaussagen der unzähligen Liebes- und Paar-Ratgeber auseinanderzunehmen.

Er wandelt auch sicher auf philosophischen Pfaden und deren Auseinandersetzung mit dem großen Thema, streift religiöse Anschauungen und wagt ebenso gekonnt einen neurobiologischen und chemischen Blick auf Verliebte. Also den Zustand, bei dem der Körper gleichzeitig hohe Dosen von Serotonin (für Geborgenheit) und Dopamin (für Aufregung) ausschüttet. Doch er nahm den Gästen rasch die Hoffnung, dass dies lange zu konservieren sei. "Länger als drei Jahre Verliebtheit hält der Körper nicht aus. Da verblödet man." Weil dies aber so sei, dass einen der Partner nicht dauerhaft erregen und umsorgen, also der Mann nicht Macho und nett sein könne, "sind Frauen ja so schwierig und nörgeln ein Leben lang an einem rum".

Dieser Humor, zuweilen Selbstironie und noch mehr seine glänzende Rhetorik sind es, die ihn so populär machen. Denn er versteht es wie kaum ein anderer, verständlich zu bleiben, selbst bei kompliziertesten Sachverhalten. Vielleicht seine größte Gabe. Wer braucht da noch Buch, Manuskript oder Spickzettel?

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