Industrie läutet digitale Ära ein

Luxemburg · Die Luxemburger Industrie besteht schon lange nicht mehr nur aus Stahl, Bauwirtschaft und Zulieferern. Heute haben Robotik, Kunststoffe und digitale Unternehmensdienstleistungen die Nase vorn. Grund für die Industriellenvereinigung Fedil sich neu zu erfinden und sich wieder mehr Gehör zu verschaffen.

Luxemburg. Sie trägt zu gut einem Drittel zur Luxemburger Wirtschaftsleistung bei, beschäftigt mit gut 100 000 Arbeitnehmern ein Viertel aller Mitarbeiter im Großherzogtum und übernimmt drei Viertel aller privaten Forschung: die 550 Mitglieder der Industriellenvereinigung Fedil. Als vor fast einem Jahrhundert die Fedil von dem Baumagnaten Paul Wurth gegründet wurde, war vor allem die Stahlindustrie mit ihren angeschlossenen Branchen wie der Bau das Rückgrat der luxemburgischen Wirtschaft.
900 000 Euro für den Nachwuchs


Heute haben sich die Verhältnisse gewandelt, da geht es darum, Prozesse zu verbessern, Kosten zu sparen und der Zerfaserung der Branche gerecht zu werden. "Das Hauptproblem aller 550 Mitglieder ist, dass uns der Nachwuchs in technologischen Berufen fehlt. Das werden Tausende Fachkräfte sein", sagt René Winkin, seit rund drei Monaten neuer Direktor der Fedil. Und dieser Mangel könne auch nicht mit Grenzgängern ausgeglichen werden. Die Strategie der Vereinigung: offen sein für die Einwanderung junger Leute aus dem Ausland und die Werbung von inländischem Nachwuchs. Während die Luxemburger Industrie mit Neid auf die Duale Ausbildung in Deutschland schaut und auch Duales Sudium und die gesellschaftliche Anerkennung technischer Berufe vermisst, gehen Industriebetriebe, Handwerkskammer, Regierung und die nationale Forschungsagentur Luxinnovation neue Wege. "Wir haben seit 1985 über ein Drittel weniger Schüler, die Abitur in einem technischen Fach machen", bedauert der ebenfalls neue Fedil-Präsident Nicolas Buck. Deshalb wolle man mit der Initiative HelloFuture in den kommenden zwei Jahren 900 000 Euro für technisches Lehrmaterial in Schulen, Schülerpraktika und Berufsberatung ausgeben.
Dass die Luxemburger Industrie durchaus viel Geld und Knowhow in Forschung und Entwicklung steckt, zeigt sich nicht zuletzt an den Gewinnern des Fedil-Innovationspreises: Die Firma IEE etwa hat ein System entwickelt, das herausfindet, ob Autofahrer beide Hände am Steuer haben. Der Fußbodenhersteller Tarkett stellt mitdenkende Fußböden vor, die etwa in Altenheimen signalisieren, wenn ein Mensch gestürzt ist, der Autoreifenbauer Goodyear hat eine Technologie entwickelt, die den Reifenverschleißt verringert und so auch den Straßenbelag schont. "Unsere Mitglieder kommen aus 37 verschiedenen Sektoren von der Biotechnologie über Raumfahrttechnik bis hin zur Automobilindustrie, und die Aufsplitterung nimmt noch zu", sagt René Winkin. Industrie 4.0 ist deshalb auch in Luxemburg kein Schlagwort mehr: "Die Indstrie ist unter dem Druck des Wettbewerbs und der Kosten immer schon Vorreiter für Innovationen gewesen. Selbst Banken und Consultingfirmen wenden unsere Prozesse, Strategien und Problemlösungen an", sagt der Fedil-Direktor. Etwas, das wieder stärker in die Köpfe der gesamten Wirtschaft müsse. Beim Fedil-Neujahrsempfang in dieser Woche wird das neue Führungsduo der Vereinigung dazu sicher ausreichend Gelegenheit haben.

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