Luxemburg beklagt Ausverkauf von Traditionsbetrieben

Luxemburg · Dieser Trend zeigt sich seit einigen Jahren: In Luxemburg geben immer mehr ältere Betriebe auf. Hintergrund ist das Fehlen geeigneter Luxemburger Nachfolger. Ebenfalls ein Trend: Die Zahl Luxemburger Konkurse steigt im Vergleich zur allgemeinen Entwicklung in Europa.

Luxemburg. Schwieriges Unterfangen: Rund 200 Handwerksbetriebe in Luxemburg suchen nach Angaben der dortigen Handwerkskammer (Chambre des Métiers) jedes Jahr nach einem Nachfolger. Und in vielen Fällen werden sie nicht fündig. Dies trifft die Branche so heftig, dass die Luxemburger Kammer sogar ihren Meisterbrief für viele Berufe zusammenfassen will.
"Wir stellen fest, dass sich das Interesse für einen Meisterbrief auf ein halbes Dutzend Berufsbereiche wie Friseur oder Installateur konzentriert", sagt Paul Krier, Direktor der Ausbildungsabteilung der Handwerkskammer. Angedacht ist deshalb, die 35 Ausbildungsmöglichkeiten für den Meister in rund zwölf Kernbereichen zusammenzuführen, da es zu wenig Interessenten gibt.
Weitere Folge: Statt eines Generationswechsels gehen viele Betriebe in den Konkurs. Das hat die Wirtschaftsauskunftei Creditreform aus den jüngsten Konkurszahlen herausgearbeitet. Insgesamt sind die Pleiten erstmalig seit 2012 wieder gestiegen, und zwar um 3,31 Prozent auf insgesamt 873.
"Dies ist gegen den Trend in ganz Europa", sagt Creditreform-Chef Herbert Eberhard. Ob der Trend dauerhaft ist, kann er jedoch noch nicht sagen. Besonders auffällig dabei: Die Zahl der pleitegegangenen Betriebe, die älter als fünf Jahre sind, hat erneut zugenommen, diesmal um gut acht Prozent. Eine Entwicklung, die allerdings schon seit einigen Jahren die Wirtschaft des Großherzogtums schwächt.
Ein Ausverkauf der traditionellen Betriebe also? "Man könnte den Eindruck gewinnen", sagt Eberhard. Dies zeige sich vor allem im Handwerk, wo geeignetes Personal fehle.
Schätzungen gehen davon aus, dass künftig sogar ein Drittel der Betriebe an deutsche Handwerksmeister weitergegeben wird. Besonders problematisch ist die Lage auf dem Bau: 30 Prozent mehr Pleiten zeigen, "dass viele Betriebe nach dem Abschluss der Großprojekte in den letzten Jahren keine Anschlussaufträge mehr haben", sagt Eberhard. Dies sei um so ungewöhnlicher, weil Luxemburger Baufirmen im Vergleich zur europäischen Konkurrenz laut Statistik eher seltener pleitegehen.
Die häufigsten Konkurse gab es im vergangenen Jahr erneut im Dienstleistungssektor mit 578 Fällen, Handel und Produktion waren weniger von Pleiten betroffen.
Mit Blick auf das neue Jahr geht Creditreform davon aus, dass sich die Luxemburger Konjunktur als robust und stabil erweist (siehe Extra). "Ich gehe davon aus, dass der kleine Einbruch im Herbst eher statistisch ist und die Wirtschaft nicht nachhaltig schwächen wird", sagt der Auskunftei-Chef und hält gleichzeitig fest: "Das heißt jedoch nicht, dass nicht einzelne Betriebe ihre Probleme haben werden, weil sie krisenanfällige Produkte haben oder in Krisenländer liefern."
Auf die Konkurszahlen im Großherzogtum werde dies jedoch wenig Einfluss haben. Creditreform geht davon aus, dass sich ihre Zahl bei rund 900 einpendeln wird.
Extra

Schaut man sich die Wirtschaftsentwicklung des Großherzogtums im vergangenen Jahr an, so hat das Wachstum zuletzt leicht zugenommen. Doch das Statistikamt Statec hat zuletzt alle Erwartungen für die Konjunktur des Gesamtjahres 2015 im Keim erstickt. Statt des prognostizierten Wachstums von 3,7 Prozent wird wohl nur noch ein Plus von 3,2 Prozent übrig bleiben. Endgültige Daten für das Vorjahr gibt das Statec in der Regel erst im Frühjahr bekannt. Für 2016 sind die Statistiker jedoch optimistisch, in Luxemburg ein Wirtschaftswachstum von 3,4 Prozent erzielen zu können. Hoffnungsfaktoren sind laut Statec-Chef Serge Allegrezza ein Plus bei den Staatseinnahmen, mehr Beschäftigung, eine geringe Inflation dank niedriger Ölpreise sowie ein Rückgang der Arbeitslosigkeit. Als Risikofaktoren gelten der Einbruch der chinesischen Wirtschaft, die Flüchtlingskrise sowie der weltweite Terrorismus. sas

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