Luxemburg - einst Zankapfel der Großmächte

Luxemburg · Mit dem Londoner Vertrag vor 150 Jahren wird das Großherzogtum als eigenständiger Staat stabilisiert. Für die Stadt Luxemburg bringt er einen Wendepunkt und wirtschaftlichen Aufschwung.

Heute kennt man Louis Vuitton als Edelmarke für Damenhandtaschen. In seinen Anfangsjahren war das Pariser Unternehmen Spezialist für exklusives Reisegepäck. In dem Saal mit dem bezeichnenden Namen Bourgeoisie im Lëtze–buerg City Museum ist ein Vuitton-Koffer des Luxemburger Weltenbummlers Maurice Pescatore ausgestellt. Die Familie mit italienischen Wurzeln brachte seit dem 18. Jahrhundert zahlreiche Händler und Politiker hervor.

Heute kennt man Louis Vuitton als Edelmarke für Damenhandtaschen. In seinen Anfangsjahren war das Pariser Unternehmen Spezialist für exklusives Reisegepäck. In dem Saal mit dem bezeichnenden Namen Bourgeoisie im Lëtze–buerg City Museum ist ein Vuitton-Koffer des Luxemburger Weltenbummlers Maurice Pescatore ausgestellt. Die Familie mit italienischen Wurzeln brachte seit dem 18. Jahrhundert zahlreiche Händler und Politiker hervor.

Foto: (g_luxemb
Luxemburg - einst Zankapfel der Großmächte
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Besonderes Exponat: In der Salle Forteresse ist neben der preußischen Vase ein Gemälde des Luxemburger Malers Michel Engels zu sehen aus der Zeit vor 1867 mit der Festung Luxemburg. TV-Fotos (2): Lëtzebuerger City Museum

Besonderes Exponat: In der Salle Forteresse ist neben der preußischen Vase ein Gemälde des Luxemburger Malers Michel Engels zu sehen aus der Zeit vor 1867 mit der Festung Luxemburg. TV-Fotos (2): Lëtzebuerger City Museum

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Luxemburg Dass das Großherzogtum international und vor allem in Europa als neutraler Partner geschätzt wird, hängt stark mit seiner Historie und seiner Lage zwischen den großen Staaten Frankreich und Deutschland zusammen. Ein entscheidendes Datum feiert das Ländchen nun nach 150 Jahren zum ersten Mal: die Unterzeichnung des Londoner Vertrags. Alle Unterzeichnerstaaten vom 11. Mai 1867 haben zum Festtag ihre Abgesandten, Minister oder Botschafter nach Luxemburg geschickt, am schillerndsten ist wohl mit Prinzessin Kate die Vertreterin Großbritanniens. Aber auch Frankreich, Deutschland (für einst Preußen), Österreich und Russland haben vor 150 Jahren das Abkommen zur Neutralität Luxemburgs unterzeichnet, das Historiker inzwischen weitgehend für unterschätzt halten. "Man kann den Londoner Vertrag gar nicht hoch genug bewerten", sagt Boris Fuge, Sprecher der beiden städtischen Museen der Stadt Luxemburg, dem Lëtzebuerg City Museum und der Villa Vauban. Historiker Fuge, der in Trier Geschichte studiert hat, wertet das Ereignis als "großen Wendepunkt in der Entwicklung der Stadt".

Kleiner geschichtlicher Exkurs:
Vor 150 Jahren wurde das Großherzogtum Luxemburg zum Zankapfel zwischen Europas Großmächten. Frankreich unter Napoleon III. wollte sein Staatsgebiet erweitern und strebte den Kauf Luxemburgs für 5 Millionen Gulden von den Niederlanden an. Dafür sollte sich Frankreich aus dem Konflikt Preußen-Österreich halten.
Zunächst stimmte der preußische Ministerpräsident Otto von Bismarck dem Deal zu (legendär sein Zitat: "Luxemburg hat für uns keinen Wert"). Doch aufgrund des öffentlichen Protests zog er sein Angebot zurück. Die "Luxemburger Frage" schien in einen neuen Krieg zu münden.
Erst Russlands Initiative zu einer Konferenz löste das Problem: mit dem Londoner Vertrag. Folglich kauft Frankreich Luxemburg nicht, Souverän bleibt der niederländische König, Preußen zieht sich aus der Festung Stadt Luxemburg zurück, die daraufhin zerstört wird, Luxemburg bleibt souverän und neutral. Doch der Frieden währte nicht lange. Schon drei Jahre später kam es zum deutsch-französischen Krieg. Der Londoner Vertrag sicherte allerdings das Fortbestehen und die Unabhängigkeit Luxemburgs.

Besonders für die Stadt Luxemburg bedeutet der Londoner Vertrag eine große Zäsur. "Man könnte die Aufgabe und Entmilitarisierung der Festung mit der Konversion in Deutschland vergleichen", sagt Fuge. Zwar seien die Preußen keine Besatzer gewesen, sondern viele Luxemburger profitierten vom Handel mit den Soldaten. "Aber es herrschte auch Unsicherheit darüber, wie es nun weitergeht und wie man sich selbst verteidigen sollte."
Dass gerade mit der Festungszerstörung etwa drei Viertel des Stadtgebiets neu entwickelt werden, neue Stadtteile entstehen, der Bahnhof und die Bahnstrecken ausgebaut werden - dies alles wäre ohne den Londoner Vertrag nicht möglich gewesen. Wirtschaftlich habe die Stadt vom folgenden Handel und der aufkommenden Industrialisierung stark profitiert, sagt Boris Fuge. Dazu zeigt die neue Dauerausstellung des Lëtzebuerg City Museum viele Beispiele für den Aufschwung Luxemburgs und dem Entstehen eines wohlhabenden Bürgertums (siehe Foto oben).
Noch heute ist anhand des Stadtparks, der auf Teilen der ehemaligen Festung angelegt ist, die bewegte Geschichte der Stadt erkennbar. Aber auch die Anfänge Luxemburgs, von den Anfängen im 10. Jahrhundert bis heute, zeichnet das Lëtzebuerg City Museum chronologisch in vier Perioden und 17 Themen nach. "Wir wollen den vielen neuen Bürgern Luxemburgs die Geschichte der Stadt erklären, aber auch Einheimische werden zehn Jahre nach dem letzten Umbau Neues über ihre Stadt erfahren", sagt Sprecher Fuge. So folgt das Museum dem Titel seiner Ausstellung "The Luxemburg Story"/"Die Luxemburg-Geschichte" bewusst nicht nur historisch, sondern ansprechend und erlebbar anhand von luxemburgern Bürgern wie du und ich und ihrer Lebensgeschichten. Boris Fuge: "Die Ausstellung folgt einer Logik, nämlich dass in der Geschichte ein Ereignis dem anderen folgt und wieder neue Entwicklungen hervorbringt."

Neben der neuen Dauerausstellung zur 1000-jährigen Geschichte der Stadt Luxemburg mit interaktiven Stationen und einem 3D-Planungsmodell zur Luxemburger Stadtentwicklung im Lëtzebuerg City Museum zeigt das Musée Dräi Eechelen bis zum 31. Dezember die Sonderausstellung "1867. Luxembourg - ville ouverte/offene Stadt".

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