Interview: Stephan Gemacher

Der Österreicher Stephan Gehmacher tritt die Nachfolge seines Landmanns Matthias Naske als Intendant der Philharmonie und Manager des Orchestre Philharmonique (OPL) an. Der 42-Jährige, der seine Karriere als Referent von Simon Rattle bei den Berliner Philharmonikern begann und seit 2008 das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks managt, setzt erste Duftmarken.

 Stephan Gehmacher.Foto: Philharmonie

Stephan Gehmacher.Foto: Philharmonie

Herr Gehmacher, Hand aufs Herz: War Ihnen die Luxemburger Philharmonie auch schon ein Begriff, bevor der Chefsessel ausgeschrieben wurde?
Gehmacher: Absolut. Es ist Matthias Naske gelungen, das Haus in wenigen Jahren fest in der Landkarte der großen europäischen Konzerthäuser zu verankern.Die Luxemburger Philharmonie ist jedem in der Szene ein Begriff.

Trotzdem: Ist Ihnen etwas aufgefallen, was im Angebot des Hauses fehlt?
Gehmacher: Im künstlerischen Angebot: nein. Aber mir ist spontan aufgefallen, dass rund um das Gebäude auf der Place d\'Europe wenig Leben ist. Und das Umfeld ist nicht unwichtig. Da werde ich zumindest versuchen, etwas in Bewegung zu bringen.

Haben Sie überhaupt schon Zeit gehabt, eigene Ideen für das Haus zu entwickeln?
Gehmacher: Für ausgereifte Ideen ist es noch zu früh, aber seit meiner Berufung arbeitet es natürlich in meinem Kopf. Das in konkrete Vorhaben weiterzuentwickeln, ist ein Prozess, für den es auch viele Gespräche mit den Akteuren vor Ort braucht.

Sie arbeiten seit Jahren in der Metropole München, Luxemburg ist dagegen eher ein Biotop. Einerseits sollen Sie den Ansprüchen einer europäischen Hauptstadt gerecht werden, andererseits müssen Sie auf eine durchaus eigenwillige heimische Szene Rücksicht nehmen. Ihr Vorgänger hat viel österreichischen Charme gebraucht, um das immer unter einen Hut zu bringen …
Gehmacher: …Da hoffe ich, nahtlos anschließen zu können. Aber von meinen persönlichen Eindrücken her habe ich Luxemburg bislang einerseits zwar als klein, doch andererseits auch als durchaus weltläufig kennengelernt …

…Zumindest zieht die Philharmonie ihr Publikum aus einer Großregion mit vier verschiedenen Ländern. Haben Sie Erfahrung mit grenzüberschreitenden Angeboten?
Gehmacher: Bei den Salzburger Festspielen hatte ich auch mit einem internationalen Publikum zu tun. Was die Großregion angeht, muss und möchte ich dazulernen. Ich weiß noch nicht, wie weit die Ländergrenzen mit Mentalitätsunterschieden verbunden sind. Mit einem regionalen Ansatz zu denken ist mir jedenfalls nicht fremd.

Sie erben nicht nur ein Haus, Sie erben auch ein Orchester, das früher eigenständig war. Das liegt ja genau auf Ihrer bisherigen beruflichen Linie.
Gehmacher: Auf diesem Gebiet bringe ich die meiste Expertise mit - ich denke, das hat bei der Berufung auch eine Rolle gespielt. Aber ein Orchester weiterzuentwickeln, ist ein steiniger Weg und dauert länger als die Programmation für ein Haus. Da braucht es langen Atem und Sensibilität, man muss ins Orchester hineinhören.

Sie kommen zur nächsten Spielzeit, aber deren Programm steht schon längst. Wann wird denn auf dem Kirchberg die "eigene Handschrift Gehmacher" zu sehen sein?
Gehmacher: Natürlich wird man irgendwann auch bestimmte Linien und Vorlieben von mir feststellen. Aber bei einer Institution wie der Philharmonie sollte es weniger auf meine Handschrift ankommen, sondern das Programm sollte die Identität des Hauses widerspiegeln und stärken. Gespräch: Dieter Lintz

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