Kein Pardon für Raser und Trinker

Luxemburg · Mit großer Mehrheit hat das Parlament des Großherzogtums in dieser Woche einer Verschärfung des Punkteführerscheins zugestimmt. Einzig die drei Vertreter der ADR (Alternativ Demokratesch Reformpartei) stemmten sich gegen eine "allgemeine Kriminalisierung der Autofahrer", wie sich ihr Sprecher ausdrückte. Die Reform visiert vor allem Raser und Wiederholungstäter an. Härter bestraft wird auch das Fahren unter Alkoholeinfluss.

Luxemburg. In der Parlamentsdebatte über den Punkteführerschein erinnerte der Abgeordnete Josée Lorsché (déi gréng) daran, dass zu hohe Geschwindigkeit und Alkoholkonsum mit 48 beziehungsweise 19 Prozent die beiden Hauptursachen von Verkehrsunfällen im Großherzogtum sind. Das ist die eine Seite der Medaille. Die andere: Die Zahl der tödlichen Unfälle hat sich seit der Einführung des Punkteführerscheins um die Hälfte verringert. Das ist laut Lorsché "eigentlich der Beweis dafür, dass er ein wirkungsvolles Instrument ist, um die Unfallzahlen wirkungsvoll zu reduzieren". Mit ein Grund für eine breite Mehrheit im Parlament, punktuelle Verschärfungen abzusegnen.
Marco Schank von der konservativen CSV (Chrëschtlech Sozial Vollekspartei) wies darauf hin, dass sich die Politik in Luxemburg lange sehr schwer im Kampf gegen den Alkoholmissbrauch tat. Erst Anfang der 1970er Jahre wurde die Grenze von 1,2 Promille, erst 2007 die von 0,5 Promille eingeführt. Als erschreckend bezeichnete es Schank aber auch, dass trotz Anschnallpflicht noch immer bei einem Viertel aller Verkehrstoten festgestellt werde, dass die Opfer keinen Sicherheitsgurt trugen.
Fehlende Rücksichtnahme


Es fehle generell an Rücksicht auf die Mitbürger und andere Autofahrer, bemängelte Schank - und warf die Frage auf: Wie können die Verkehrsteilnehmer zu einer defensiveren Fahrweise gebracht werden?
Laut Roger Negri von der LSAP(Lëtzebuerger Sozialistesch Aarbechterpartei) zeigt die Erfahrung in allen Ländern, in denen es den Punkteführerschein gibt, dass die Angst, den Führerschein zu verlieren, eine deutlich abschreckendere Wirkung hat als Geldstrafen. Negri brachte zudem eine Ausweitung von "Shared space"-Zonen und Tempo- 30-Zonen in den Ortsdurchfahrten, eventuell auch auf Nationalstraßen, ins Spiel - und registrierte ebenfalls weiteren Handlungsbedarf im Kampf gegen Gurtmuffel.
Zu viele Autofahrer verstünden die Straßen noch immer als rechtsfreien Raum, bedauerte Gusty Graas von der liberalen DP (Demokratesch Partei). Er begrüßte vor allem die Verschärfung der Sanktionen für Wiederholungstäter.
Roy Reding (ADR) kritisierte als einziger die Verschärfung des Punktekatalogs. Das Punktesystem trage nicht der objektiven Schwere eines Vergehens Rechnung. "Die ADR bleibt sich treu und lehnt eine allgemeine Kriminalisierung des Autofahrers genau wie schon 2002 ab." Reding warf Luxemburgs Infrastrukturminister François Bausch (déi gréng) zudem mit Blick auf die Reduzierung der Straßenbeleuchtung inkonsequentes Handeln in Sachen Verbesserung der Verkehrssicherheit vor.
Der Autor ist Redakteur
beim Luxemburger Tageblatt.
Extra

Die Änderungen am Punktekatalog: Rasen (délit de grande vitesse): 6 Punkte (bislang 4) Betrunken fahren (über 1,2 Promille): 6 Punkte (4) Fahren unter Einfluss von Drogen oder Medikamenten: 6 Punkte (4) Überschreitung zulässiger Geschwindigkeit um mehr als 50 Prozent: 4 Punkte (2) Angetrunken fahren (über 0,8, aber weniger als 1,2 Promille): 4 Punkte (2) Missachtung allgemeines Fahrverbot: 2 Punkte (0) Drängeln (zu wenig Sicherheitsabstand: 2 Punkte (0) Nicht angelegter Sicherheitsgurt, kein Kindersitz: 2 Punkte (1) Kein Helm an (Motorrad): 2 Punkte (1) Telefonieren ohne Freisprechanlage: 2 Punkte (0) Benutzung eines Tablets oder PCs: 2 Punkte (neu) Neben dem Punkteabzug sind eine gebührenpflichtige Verwarnung, ein Protokoll oder bei einem Gerichtsverfahren eine Geldstrafe fällig. Für Vergehen, die mit 2 Punkten geahndet werden, wird künftig eine Verwarnung zum Tarif von 145 Euro fällig (bislang 74 Euro). tgbl

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