Luxemburg muss Pflegesystem reformieren – Gewerkschaft warnt vor Entlassungen

Luxemburg · Die Luxemburger Pflegeversicherung steckt in der Krise. Eine Reform ist notwendig. Unklar ist, in welche Richtung sie gehen soll.

Für deutsche Pflegekräfte ist Luxemburg bislang ein lohnendes Ziel. Liegt das Bruttogehalt im ersten Berufsjahr hierzulande bei knapp über 2000 Euro, sind es in Luxemburg gut 900 Euro mehr. Hinzu kommen tariflich vereinbarte automatische jährliche Gehaltssteigerungen. Außerdem locken dort zum Teil bessere Arbeitsbedingungen, in den dortigen Heimen werden die Bewohner von mehr Pflegekräften betreut als in Deutschland. Und weil es in Luxemburg nicht genügend Auszubildende im Pflegebereich gibt, sind die dortigen Arbeitgeber auf Grenzgänger angewiesen. Das hat vor allem in der hiesigen Grenzregion dazu geführt, dass viele Pfleger nach ihrer Ausbildung nach Luxemburg gegangen sind und viele Einrichtungen hier nach Personal suchen.
Finanziert wird die Pflege in Luxemburg durch die seit 1999 bestehende Pflegeversicherung. Arbeitnehmer und Rentner zahlen einen Beitrag von 1,4 Prozent ihres Gesamteinkommens (Gehalt, Rente, Pensionen, Vermögen). Anders als in Deutschland, wo Arbeitnehmer und Arbeitgeber jeweils 1,175 Prozent in die Pflegeversicherung zahlen, sind in Luxemburg die Arbeitgeber an der Finanzierung nicht beteiligt. Dafür beteiligt sich der Luxemburger Staat mit 40 Prozent an den Ausgaben. Hinzu kommen noch Einnahmen aus einer Stromabgabe.
Die Leistungen der Pflegeversicherung in Deutschland richten sich nach Pflegestufen. Je schlechter der Gesundheitszustand des Pflegedürftigen, desto höher die Zahlungen. Die Einstufung erfolgt durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen, die die Pflegebedürftigen begutachten. In Luxemburg orientieren sich die Leistungen an der Notwendigkeit, bei Tätigkeiten des täglichen Lebens Hilfe in Anspruch nehmen zu müssen, etwa bei der Körperpflege oder beim Essen. Je mehr Hilfe nötig ist, desto höher die Zahlungen. Sie orientieren sich an genauen Zeitangaben: Für Duschen sind 17,5 Minuten vorgesehen, für Hilfe beim Anziehen 7,5 Minuten. Seit 2013 wurden die Leistungen nicht mehr erhöht. Das führt dazu, dass die Pflege eng getaktet ist, Kritiker sprechen von Pflege per Stoppuhr.
Die Einrichtungen und mobilen Pflegedienste beantragen die entsprechenden Leistungen je nach Pflegebedürftigkeit der Betreuten. Eine öffentliche Dienststelle, die Cellule d'evaluation et d'orientation, begutachtet dann die Anträge - oft mehr oder weniger nach Aktenlage. Seit Januar wird nun stärker kontrolliert, daher wurden Leistungen gekürzt oder beantragte zusätzliche Hilfen nicht genehmigt. Das führt zu Einnahmeverlusten bei Pflegediensten und Heimen. Hintergrund ist die steigende Anzahl von Pflegebedürftigen (seit 1999 hat sich die Zahl mehr als verdoppelt) und damit steigende Ausgaben. Daher wird derzeit über eine Reform der Pflegeversicherung in Luxemburg gesprochen.
Unklar ist aber, in welche Richtung es gehen soll. Eine Erhöhung des Beitrags war bislang tabu. Und angesichts der eingeleiteten Sparmaßnahmen durch die Luxemburger Regierung gilt als unwahrscheinlich, dass die staatlichen Zuschüsse zur Pflegeversicherung erhöht werden. Für Nora Back, Gewerkschaftsfunktionärin beim Unabhängigen Gewerkschaftsbund OGBL, steht aber fest, dass die notwendige Reform nicht zu einer Verschlechterung der Pflege und zu Gehaltseinbußen beim Personal und Entlassungen führen darf.

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