"Reiches" Luxemburg soll mehr tun

Trier/Luxemburg · Setzt der Trier-Saarburger Landrat Günther Schartz (CDU) die deutsch-luxemburgische Freundschaft aufs Spiel? Via Facebook kritisiert der Landesvize seiner Partei ungewöhnlich heftig die Flüchtlingspolitik des Nachbarlandes. Dort wehrt man sich: Schartz nenne völlig falsche Zahlen.

 Thema Flüchtlinge: Mit Malu Dreyer (oben links) haben sich auch (im Uhrzeigersinn) Günther Schartz, Angelika Birk und Winfried Manns beraten. Fotos: TV

Thema Flüchtlinge: Mit Malu Dreyer (oben links) haben sich auch (im Uhrzeigersinn) Günther Schartz, Angelika Birk und Winfried Manns beraten. Fotos: TV

Trier/Luxemburg. Auch so ein Vergleich müsse ja mal angestellt werden dürfen, schreibt der Trier-Saarburger Landrat fast schon trotzig am Ende seines Kommentars auf seiner Seite im sozialen Netzwerk Facebook. Er meint damit den Vergleich mit Luxemburg. Und ausgerechnet Schartz, der als Chef eines Kreises, der direkt an das Großherzogtum grenzt, viel Wert auf die deutsch-luxemburgische Freundschaft gelegt hat, übt nun heftige Kritik an den Nachbarn. Genauer gesagt an deren Flüchtlingspolitik. Es kann nicht sein, dass das "reiche Luxemburg nur 400 Flüchtlinge" aufnehme, Trier-Saarburg hingegen schon 800. "Jean-Claude Juncker als Kommissionspräsident und Premier Bettel müssten jetzt mal was in den ‚Topf' legen und beispielsweise erklären, dass Luxembourg sofort 2000 bis 3000 Flüchtlinge aufnimmt", schreibt Schartz via Facebook. In seinem Beitrag lobt er ausdrücklich CDU-Landeschefin, Julia Klöckner, deren Vize er ist, für ihre Flüchtlingspolitik, etwa die Zuzugsbegrenzung, bevor er sich dann auf Luxemburg einschießt.
Der CDU-Politiker nennt es "reine Symbolpolitik", dass der luxemburgische Außenminister "mit großem Presserummel ein paar Flüchtlinge in Griechenland" abgeholt habe. Schartz spielt damit darauf an, dass Luxemburg das erste EU-Land war, das 30 von insgesamt 160 000 Flüchtlingen aus Griechenland aufgenommen hat. Die EU-Staaten hatten sich nach langem Ringen darauf geeinigt, dass die 160 000 auf griechischen Inseln gestrandeten Flüchtlinge innerhalb der EU verteilt werden. Dabei handelt es sich allerdings nur um einen Teil der bislang über 600 000 in Griechenland angekommenen Flüchtlinge. Schartz betont, dass 3000 Flüchtlinge gemessen an der Wirtschaftskraft Luxemburgs vertretbar wären, und verweist darauf, dass in Trier mit den Aufnahmeeinrichtungen und den in der Stadt zugewiesenen Flüchtlingen zusammen mit Trier-Saarburg rund 6000 Flüchtlinge untergebracht seien, "also dann immer noch doppelt so viele" wie die von ihm geforderten 3000 in Luxemburg. Schartz betont am Wochenende, dass er bei seiner Kritik bleibe und eine europäische Solidarität anmahne.
In Luxemburg ist man "not amused" über die Kritik aus dem benachbarten Landkreis jenseits der Grenze. Die Zahlen seien falsch, sagt Yves Piron, Leiter des Luxemburger Integrationsamtes. Bislang habe Luxemburg 1595 Flüchtlinge aufgenommen, bis Ende des Jahres rechne man mit 3000, die seit Januar ins Land gekommen sind. Hinzu kämen pro Monat noch bis zu 50 von den in Griechenland gestrandeten Flüchtlingen. Piron macht klar, dass die Anfang November angekommenen Flüchtlinge aus Griechenland erst der Anfang gewesen seien. Mit den dieses Jahr eingereisten Flüchtlingen lebten dann rund 4500 Asylbewerber in Luxemburg. Die meisten von ihnen seien wie in Deutschland auch über die Grenze nach Luxemburg gekommen, um dort Asyl zu beantragen. Sie lebten bis zum Entscheid über den Asylantrag verteilt in 70 Unterkünften. Derzeit sei man dabei, leere Hallen oder Schulen zu Flüchtlingsunterkünften zu machen, sagt Piron. In den meisten Unterkünften erhielten die Asylbewerber Vollverpflegung. Dort, wo es nicht möglich sei, die Menschen mit Essen zu versorgen, erhielten Erwachsene eine Art Gutschein im Wert von 225,63 Euro pro Monat, Kinder bekämen einen Gutschein im Wert von 187,81 Euro. Diese Wertkarten könnten etwa bei rollenden Läden eingelöst werden, die speziell die Unterkünfte anfahren würden, um die Flüchtlinge mit Lebensmitteln zu versorgen. Als einziges Bargeld erhielten sie 25,63 Euro für Erwachsene und 12,81 Euro für Kinder jeden Monat. Außerdem bekämen sie noch Tickets für Bus und Bahn.
Piron verweist zwar auf die Unterschiede zu Deutschland, was die Flüchtlingsbetreuung angeht, weist aber die Vorwürfe, dass sein Land zu wenig Flüchtlinge aufnehme, von sich.

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