Sarrazin in Echternach - Das Trifolion lädt sich Ärger aufs Dach

Echternach · Eines von Luxemburgs Kulturhäusern - das Trifolion in Echternach - hat den umstrittenen deutschen Autor und früheren Bundesbank- Vorstand Thilo Sarrazin eingeladen. Das berichtet das Luxemburger Tageblatt. Ausgerechnet am 20. April, dem Geburtstag von Adolf Hitler, soll Sarrazin in Echternach auftreten.

 Das könnte noch Stress geben: Das Echternacher Trifolion hat Thilo Sarrazin eingeladen. Foto:: TV-Archiv

Das könnte noch Stress geben: Das Echternacher Trifolion hat Thilo Sarrazin eingeladen. Foto:: TV-Archiv

Foto: (e_eifel )

Echternach. Auf der Internetseite des Trifolion ist zu lesen: "Thilo Sarrazin beschreibt mit seiner profunden Erfahrung aus Politik und Verwaltung die Folgen, die sich für Europas Zukunft aus der Kombination von Geburtenrückgang, problematischer Zuwanderung und wachsender Unterschicht ergeben." Kritiker beurteilen Sarrazins Aussagen eher als Hetze oder geistige Brandstiftung.

Tatsächlich ist Sarrazin in den letzten Jahren vor allem mit weniger profunden Äußerungen aufgefallen. So zum Beispiel mit der Behauptung, alle Juden teilten sich ein Gen, was sie von anderen unterscheide. Nach heftiger Kritik ruderte Sarrazin zurück. Über in Berlin lebende Migranten sagte er 2009, große Teile der arabischen und türkischen Einwanderer seien weder integrationswillig noch integrationsfähig.

Wörtlich sagte er in einem Interview mit der Zeitschrift Lettre Internationale: "Die Türken erobern Deutschland genauso, wie die Kosovaren das Kosovo erobert haben: durch eine höhere Geburtenrate. [...] Integration ist eine Leistung dessen, der sich integriert. Jemanden, der nichts tut, muss ich auch nicht anerkennen. Ich muss niemanden anerkennen, der vom Staat lebt, diesen Staat ablehnt, für die Ausbildung seiner Kinder nicht vernünftig sorgt und ständig neue kleine Kopftuchmädchen produziert. Das gilt für 70 Prozent der türkischen und 90 Prozent der arabischen Bevölkerung in Berlin." Auch hier ruderte Sarrazin nach scharfer Kritik zurück.

Das Trifolion äußerte sich auf Facebook zu der Einladung: "Wir wollen mit unserer Reihe ,Horizonte' verschiedene Perspektiven von einem Thema beleuchten. Um eine Diskussion anzustoßen, haben wir bewusst verschiedene Persönlichkeiten eingeladen, die zum Teil sehr unterschiedliche Meinungen vertreten."

Das Trifolion verweist darauf, dass auch Richard David Precht, Jürgen Trittin und Jean Feyder eingeladen sind. Außerdem könnten in der Diskussion nach dem Vortrag die Aussagen des Gastes kritisch hinterfragt werden. Die Internetgemeinde reagierte größtenteils mit Unverständnis. Die Facebook-Community Rhetoresch Ergëss vum Lëtzebuerger Stammdësch, die als Erste auf die Veranstaltung hinwies, löste einen wahren Shitstorm auf der Trifolion-Seite aus. Während sich aber insbesondere politisch rechts eingestellte User auf die Meinungsfreiheit berufen, kontert eine andere Nutzerin, die Thesen des Herrn Sarrazin seien keine "Meinung", sondern eine "eklatante Form von rassistischer Volksverhetzung". Andere User schlagen dem Trifolion sarkastisch eine Reihe weitere Redner vor, etwa den Autoren Akif Pirinçci, der zuletzt durch eine Rede bei einer Pegida-Demo auffiel, oder den ungarischen Premier Viktor Orban.Aufruf zu Gegendemonstration


Schließlich rief der Journalist Michel Thiel unter dem Motto "Luxemburg schafft Sarrazin ab" auf Facebook zu einer Gegendemonstration vor dem Trifolion auf. Rasch hatten bereits mehr als 250 User ihre Teilnahme oder ihr Interesse an dieser Demonstration bekundet. Das Trifolion wird unter anderem durch die Stadt Echternach und das Luxemburger Kulturministerium unterstützt. Im November hatte Sarrazin in der Eifelstadt Mayen eine Lesung in einer Buchhandlung abgehalten. Weit über 100 Menschen protestierten damals laut Südwestrundfunk (SWR) vor der Buchhandlung gegen Sarrazin.

Die Autoren dieses Berichts sind Redakteure beim Luxemburger Tageblatt.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort