Warum das britische Nein die Immobilienpreise in Luxemburg und der Region Trier anheizen kann

Luxemburg · Das Nein der Briten zu Europa hat auch im benachbarten Luxemburg hohe Wellen geschlagen: Politik und Wirtschaft fordern von London ein schnelles politisches Handeln und Klarheit. Dennoch könnte der Finanzplatz Luxemburg Vorteile aus dem Brexit ziehen.

 Luxemburgs Bankenwelt hat den Kirchberg vielfach beflaggt. Der Finanzplatz könnte vom Brexit sogar profitieren. TV-Foto/Archiv: Friedemann Vetter

Luxemburgs Bankenwelt hat den Kirchberg vielfach beflaggt. Der Finanzplatz könnte vom Brexit sogar profitieren. TV-Foto/Archiv: Friedemann Vetter

Foto: Friedemann Vetter

Luxemburg. Nichts ist so schlecht, dass es nicht auch seine guten Seiten hat, sagt ein Sprichwort. Im Fall von Brexit könnte dies durchaus auf das Großherzogtum Luxemburg zutreffen. Der Finanzplatz Luxemburg könnte neben Dublin, Paris und Frankfurt einer der Profiteure des britischen EU-Ausstiegs sein.
Zunächst einmal haben die luxemburgische Politik und die Wirtschaft die Entscheidung der britischen Wähler zutiefst bedauert. Luxemburgs Regierungschef Xavier Bettel hat das britische Votum zum Austritt aus der EU eindeutig kommentiert: "Wir nehmen die Entscheidung des britischen Volkes zur Kenntnis. Aber als Europäer hätten wir es lieber gesehen, wenn das Referendum einen anderen Ausgang gehabt hätte", sagte er am Freitag in Luxemburg. Bettel fügte hinzu, die Briten hätten eine Art Scheidungsantrag eingereicht. "Nun beginnt das Scheidungsverfahren. Denn man kann nicht die Scheidung einreichen und trotzdem verheiratet bleiben."Chance für den Finanzplatz

Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn hofft, "dass es sehr schnell eine Einigung mit Großbritannien über die Modalitäten des EU-Austritts gebe". Eile wird laut luxemburgischen Tageblatt auch von der Wirtschaft gefordert. Der luxemburgische Bankenverband ABBL fordert Planungssicherheit: Nun sei es wichtig, schnell zu klären, wie die Prozedur eines Austritts vonstatten gehen wird. Lange Verhandlungen ohne klaren Ausgang würden für Unsicherheit sorgen, warnt die ABBL. Die EU, wie auch die Märkte, benötigen Rahmenbedingungen, die langfristiges Planen möglich machen.In diese Richtung argumentiert auch der Verband der Investmentfondsbranche Alfi: Es gehe nun darum, praktische Wege für die Umsetzung der getroffenen Entscheidung zu finden. Schnelle Entscheidungen seien wichtig, um so die Zeit der Unsicherheit nicht zu verlängern, schreibt der Verband.

Vor allem die Londoner City mit ihren Finanzinstituten dürfte den Austritt zu spüren bekommen. Gewinner könnten Frankfurt, Paris, Dublin und eben Luxemburg sein. In Londons Finanzsektor arbeiten rund 700 000 Menschen. Sollte davon auch nur ein Prozent nach Luxemburg abwandern, kämen 7000 Bänker ins Ländchen und würden damit sogar den regionalen Immobilienmarkt befeuern. Dass London City an Attraktivität verliert, ist klar abzusehen.
"Bei einem Austritt Großbritanniens aus der EU können die Behörden der Euro-Zone nicht länger tolerieren, dass ein großer Anteil von Finanztransaktionen im Ausland abgewickelt wird", sagte ehemalige stellvertretende EZB-Präsident, Christian Noyer. Dabei geht es sowohl um den klassischen Devisenhandel, als auch um wichtige und volumenstarke Termingeschäfte. Zudem erwägen wohl einige Banken und Konzerne, sich aus London zu verabschieden. Die UBS plant wohl ihren Umzug der Europazentrale - als mögliche neue Standorte für das europäische Hauptquartier werden Frankfurt und Luxemburg gehandelt. Spekuliert wird auch über eine Abwanderung von HSBC und JPMorgan mit ihren Zentralen von London nach Luxemburg.Trauriger Tag

Doch zunächst fasst den Schock von gestern der Luxemburger Außenminister Jean Asselborn zusammen: "Das ist ein trauriger Tag heute. Wir haben viel verloren. Und ich glaube auch, dass Großbritannien viel verloren hat." Wichtig sei, dass die EU Ernst mache mit einmal gefassten Beschlüssen: "Anderenfalls kann es vorkommen, dass auch viele Menschen in anderen Ländern der Europäischen Union ähnliche Gedanken wie die in Großbritannien haben - und das müssen wir unbedingt verhindern."

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