16-Stunden-Tage sind keine Seltenheit

BERNKASTEL-KUES. Wer eine Stadt wie Bernkastel-Kues als Bürgermeister führen will, braucht viel Zeit. Wolfgang Port nimmt sie sich, obwohl er auch in seinem Beruf gefordert ist.

 Beim Klavierspiel findet Wolfgang Port die nötige Entspannung. Foto: Clemens Beckmann

Beim Klavierspiel findet Wolfgang Port die nötige Entspannung. Foto: Clemens Beckmann

An Wolfgang Port ist ein Künstler verloren gegangen. Er malt gerne, spielt Klavier und singt im Kirchenchor der Pfarrei St. Briktius. Doch sein Geld verdient er als Diplom-Ingenieur beim Technischen Überwachungsdienst. Und im "Nebenamt" ist er auch noch Bürgermeister der Stadt Bernkastel-Kues - ehrenamtlich versteht sich. Die Diskussion, ob die Stadt einen hauptamtlichen Bürgermeister braucht, erübrigt sich an dieser Stelle. "Ehrenamtlich ist das aber eigentlich nicht zu machen", sagt Port. Fakt ist, dass der Bürgermeister von den Zahlen her gesehen ein Wirtschaftsunternehmen leitet. Der Verwaltungshaushalt der Stadt liegt bei zehn Millionen Euro, der Vermögensetat beläuft sich auf zwei Millionen Euro. Beide Haushalte weisen Defizite von circa einer Million Euro auf.Zwei Handys erleichtern das Tagesgeschäft

Port ist von seinem Arbeitgeber zwar zu 30 Prozent freigestellt und als Schadens-Gutachter von Autos auch sonst recht frei in der Zeiteinteilung. Dass sich eine 7200 Einwohner zählende Touristenhochburg aber nicht mit links führen lässt, versteht sich von selbst. Der Zeitaufwand ist gewaltig. "Letztes Jahr war ich zum Beispiel vom 17. November bis zum 18. Dezember bis auf zwei Ausnahmen jeden Abend unterwegs", erzählt er. Dass er im Dienste von TÜV und Stadt von 7 bis 23 Uhr unterwegs ist, gehört zur Normalität. Über zwei Handys, eins vom TÜV, eins von der Stadt, versucht er aller Termine Herr zu werden - und kann per Freisprecheinrichtung Manches aus dem Auto regeln. "Manchmal fragt man sich aber schon, warum man sich das antut", gibt er zu. Gedanken, nicht mehr zu kandidieren, habe er sich aber nicht gemacht. "In einer solch schwierigen Haushaltssituation kann ich die Stadt nicht im Stich lassen", sagt er. Immerhin ist der 50-Jährige im politischen Geschäft auch noch ein Neuling. In die CDU trat er erst 1999 ein. Port: "Zwei Monate später war ich Beigeordneter." Die Geschäfte in der Stadt übernahm er am 21. November 2000 nach dem Rücktritt von Amtsinhaber Helmut Gestrich. Am 8. April 2001 wählten ihn die Bürgerinnen und Bürger in der Stichwahl zum Stadtoberhaupt. Im ersten Wahlgang strebten damals drei Männer und eine Frau zum höchsten Amt in der Stadt. Am kommenden Sonntag ist Port allein auf weiter Flur. Auch wenn die Vertreter der anderen Parteien es nicht offen sagen: Sie haben frühzeitig die Aussichtslosigkeit einer Gegenkandidatur erkannt. Wer sich einigermaßen mit der Materie auskennt und um den enormen Zeitaufwand weiß, scheut sich nicht zu sagen, dass der Bürgermeister einen "guten Job" macht. Port sieht sich als unparteiisch, als jemand der Sachen ausdiskutieren lässt, statt Diskussionen abzuwürgen und zu polarisieren. "Ich führe den Stadtrat nach gesundem Menschenverstand", sagt er. Das erkennen auch die anderen politischen Kräfte in der Stadt an. In der zu Ende gehenden Legislaturperiode musste er viele Sachen fortführen, für deren Zustandekommen er keine Verantwortung trug. Die kommenden Jahre werden auch seine Handschrift tragen müssen. Port will den Haushalt weiter konsolidieren aber gleichzeitig in allen vier Stadtteilen (Bernkastel, Kues, Wehlen, Andel) wichtige Projekte umsetzen. Auch wenn manche Abläufe zur Routine werden: Mit weniger Zeit als bisher wird Port nicht auskommen. Fürs entspannende Klavierspiel wird noch Zeit bleiben, auch im Kirchenchor wird seine Stimme erschallen. Fürs Malen hat er aber schon lange keine Muße mehr.

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