33 Stück Kuchen plus Mittagessen

WITTLICH. Zu den Erlebnissen von Jürgen Schmidt bei seinem ersten Auftritt als Klarinettist in der Stadtgeschichte "Jede Menge Streuselkuchen" (TV vom 9. März) fällt Leser Franz Karl Mußweiler aus Wittlich eine ähnliche Geschichte ein.

Als ich im Jahr 1953 als junger Bursche der Gruppe "Jung Kolping" angehörte, ging es mir wie Herrn Schmidt. Ich durfte das erste Mal an dem Kolpinggedenktag teilnehmen. Der damalige Hausmeister des Kolpinghauses, Peter Molitor, holte uns junge Burschen am Vortag alle zusammen und erklärte uns, wie so ein Sonntagvormittag abläuft. "Leute", meinte er, "jeder, der kann, lässt sich einen Kuchen backen. Den bringt ihr am Sonntagmorgen vor dem Gottesdienst hier ins Kolpinghaus." Gesagt, getan. Der Kuchen wurde abgeliefert, und wir marschierten gemeinsam mit Blasmusik in Richtung Kirche. Hier gab es einen Gottesdienst zum Gedenken an Adolf Kolping. Nach dem Gottesdienst versammelten sich die Kolping-Brüder am Glockenturm, um wiederum mit "Tschingderassabum" - mit Blasmusik - die Burgstraße hoch zum Kolpinghaus zu marschieren. Im großen Kolpingsaal war eine riesengroße Kaffeetafel aufgebaut. Hausmeister Molitor zeigte uns, wo wir uns hinzusetzen hatten. Wir freuten uns alle auf die schönen Kuchen. Denn wir jungen Burschen waren fast alle wie ausgehungert. Nach einer gewissen Zeit meinte mein Schulkamerad Edmund Könen, Eddi: "Häär mool Laangen, soollen mir mool probäären, wie viel Koochen mir packen?" "Ooh joo", sagte ich, "komm mir fäänken oon." Dann ging's los. Es sei bemerkt, bei uns jungen Leuten standen fast nur trockene Kuchen. So wie heute Kuchen mit Sahne und feine Sachen, die von selbst runterrutschen, die gab's ja damals fast gar nicht. Es musste also noch ordentlich gekaut werden. Nach einer gewissen Zeit - es war auch schon fast Feierabend - meinte mein Schulkamerad Eddi: "Laangen, eich kaan net mie." "Gut", meinte ich. "Wie viel hast du denn?" "30 Stück", sagte er. "Oh", sagte ich, "dann muss ich ja noch was essen." Bei 33 Stück Kuchen gab auch ich auf. Kurz vor 12 Uhr Mittag machten wir uns auf den Heimweg. Zu Hause angekommen, meinte meine Mutter: "Und Jungs, wie war's denn?" "Oh", meinte ich, "toll Mutter, wir durften so viel Kuchen essen, wie wir wollten. Ich aß 33 Stück." "Nein", sagte meine Mutter, "und was mache ich jetzt mit meinem Mittagessen?" "Mutter", sagte ich, "guck, dass das Essen auf den Tisch kommt, ich habe schon wieder Hunger." Am Nachmittag versammelten wir Burschen uns wieder am Gesellenhaus, wo Hausmeister Molitor die restlichen Kuchen für uns auf Platten zusammengelegt hatte. Franz Karl Mußweiler, Wittlich Wenn auch Sie eine historische Anekdote kennen, den Namen eines Hauses oder einer Straße erklären können oder zu einem historischen Ereignis eine persönliche Geschichte zu erzählen haben, schreiben Sie unter dem Stichwort "Stadtgeschichten" mit Namen, Adresse und Telefonnummer an die E-Mail-Adresse mosel@volksfreund.de. Wichtig ist, dass Ihre Geschichte höchstens 60 Druckzeilen (à 30 Anschläge) umfasst.

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