90 Jahre für Wittlich und die Heimatregion

WITTLICH. Viel erlebt, viel bewegt und noch immer einen wachen Blick auf Wittlicher Geschehnisse hat Wilhelm Schrot. Heute wird er 90 Jahre.

 Wacher Blick nicht nur auf Wittlich. Heute wird Willi Schrot 90 Jahre.Foto: Sonja Sünnen

Wacher Blick nicht nur auf Wittlich. Heute wird Willi Schrot 90 Jahre.Foto: Sonja Sünnen

"Das ist die Urkunde", sagt Willi Schrot. Das Dokument für die Ehrenbürgerschaft hat er verfeinern lassen: das Stadtwappen in Rot koloriert, das Ganze auf ordentlichem Papier platziert, umrahmt von Federzeichnungen Wittlicher Stadtansichten. Der frühere Handwerksmeister weiß, was stilvoll ist. So trägt auch das Stadtbild seine Handschrift - von politischen Entscheidungen, die der CDU-Mann mitgetragen hat, bis zum Detail aus seiner Werkstatt. Das Schlüsselschild an der Tür zur Verbandsgemeinde Wittlich-Land zum Beispiel ist ein echter Schrot. So ist er auch stolz darauf, dass seine Familie mittlerweile in der fünften Generation dem Schlosserhandwerk treu ist. Nach dem Krieg hat er, unterstützt von seiner Frau, die Absolventin der Werkkunstschule Trier war und bei Entwürfen half, den väterlichen Betrieb umgestellt und den neuen Anforderungen angepasst. Welchen Rat er der Jugend geben kann? "Sich gut auszubilden und sich auf kommende härtere Zeiten beruflich und charakterlich vorzubereiten." Seine Familie ist für heutige Verhältnisse ein ganzer Clan. Sechs Söhne, eine Tochter, die gestorben ist, haben Willi Schrot und seine verstorbene Frau Gisela in die Welt gesetzt. Und Spielzeug liegt in seinem Haus nahe dem Fenster mit Blick auf St. Markus noch immer auf den dunklen Fußbodenbohlen. Er blickt darauf und erklärt fröhlich: "Ich habe ein Dutzend Enkel." Zu seiner Kindheit war die Welt noch eine andere, zum Beispiel an Weihnachten: "Wir waren sieben Kinder. Als wir vom Vater ein Fahrrad für alle zusammen bekommen haben, da hatten wir eine Freude, die haben heute noch nicht einmal Erwachsene mit ihren schnellen Autos." Auch erinnert er sich an ein heute ungewöhnliches Bild: "Meine Frau hatte einen Webstuhl und selbst Stoffe hergestellt. Da sind die Kinder im Webstuhl rumgekrabbelt, und sie hat das Schiffchen betätigt."Täglich ein Mal "unter Dampf"

Er setzt sich in einen schweren Eichenstuhl, die Lehne verziert mit Weinreben. Ein Gewächs, dass er nicht nur als Motiv schätzt. Auf die angesichts seiner Rüstigkeit obligatorische Frage, was er für ein langes Leben empfehlen könne, kommt prompt: "Jeden Tag mindestens eine halbe Flasche Wittlicher Wein, ab und zu auch mal einen Roten." - Seine sportliche Vergangenheit begleitet Schrot bis ins hohe Alter. Nachdem der Maare-Mosel-Radweg eröffnet war, ließ Willi Schrot es sich nicht nehmen, nach Plein zu radeln. "Ich musste Pausen machen, aber ich habe die Strecke geschafft", sagt er. Apropos Sport - auf einem Tisch steht ein Fernseher, ob er sich noch für Fußball begeistert? Ein klares "Ja". Und für welche Mannschaft fiebert er mit? Willi Schrot: "Das sind ja alles Profis, weshalb der Kaiserslauterner genauso gut in Köln oder Mainz spielen kann. Deshalb ist es nicht mehr ganz so interessant." Ihm fällt noch ein "Rezept" fürs hohe Alter ein: "Jeden Tag unter Dampf sein, also einmal schwitzen. Heute bin ich allerdings schon unter Dampf, wenn ich zum Dämmerschoppen gehe." Früher stand er noch anderweitig unter Dampf. Bis zu seinem 60. Lebensjahr hat er 60 Zigaretten am Tag geraucht. Wie er aufgehört hat, ist ein Beispiel für Willensstärke in Zusammenhang mit einer typischen Wittlicher Tradition, der Säubrennerkirmes. "Ich habe alle Versuche gemacht, nichts hat geholfen. Dann habe ich mir gesagt: An Kirmes, da steht du sowieso drei Tage und Nächte am Weinstand und rauchst. Danach ist mir das Aufhören gelungen." Gelungen ist ihm besonders auch in seinem politischen Leben mit dem CDU-Parteibuch viel, ob im Landtag oder im Kreistag. Besonders an seine Freundschaft zu und Zusammenarbeit mit Wittlichs erstem Ehrenbürger, Matthias Mehs, erinnert er sich gern zurück, aber auch an den früheren Verbandsgemeinde-Bürgermeister Karl Becker. Rückhalt für die Politik hatte er in der Familie: "Wenn ich aus Mainz kam, haben meine Frau und ich immer diskutiert über das, was sich tut. Ohne ihre Unterstützung wäre das Ganze - Politik, Betrieb und Familie - nicht möglich gewesen." Im Rückblick sagt Willi Schrot: "Das Bedeutendste ist vielleicht, sich nach all den Jahren nicht mit Selbstvorwürfen quälen zu müssen, dass man etwas unterlassen oder falsch gemacht hat." Heute um 18 Uhr wird es im Casino zu Ehren von Willi Schrot einen Empfang geben.

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