Abenteuerurlaub im Frühmesser-Haus

GRAACH. Zwei Jahre lang hatten Erwin Kandels und Ingrid Karbach aus Bornheim nach ihrem Traumhaus an der Mosel gesucht. In Graach sind sie 2002 mit dem ehemaligen Frühmesser-Haus fündig geworden. Nun ist am Wochenende Restaurierungsurlaub an der Mosel angesagt.

Es ist ein kühler Novemberabend. Auf der Hauptstraße des Moselörtchens Graach stehen im Dunkeln ein Mann und eine Frau im Pelzmantel. Sie starren schon seit einiger Zeit auf das imposante Schieferhaus mit Vorgarten. "Was verschlägt denn zwei Touristen um diese Jahreszeit an die Mosel?", fragt sich eine Nachbarin hinter dem Fenster beobachtend. "Das Haus wäre das, wonach wir suchen. Wenn es nur zu verkaufen wäre", sagen sich die beiden Fremden. Seit diesem Abend sind fast drei Jahre vergangen. Durch Zufall haben Erwin Kandels und Ingrid Karbach am nächsten Morgen von ihrem Gastwirt erfahren, dass ihm das von ihnen bewunderte Haus gehört und er es tatsächlich zum Verkauf anbietet. Nachdem sie zwei Jahre an der Mosel nach ihrem Traumhaus aus Bruchstein gesucht hatten, wechselte das ehemalige Frühmesser-Haus aus dem Jahr 1888 im März 2003 den Eigentümer. Nun hieß es für die zwei Telekom-Beamten aus Bornheim, einen Plan aufzustellen, Anträge einzureichen und auf das Einverständnis der Denkmalpflege zuwarten. Inzwischen hatten sie schon einmal das zugewachsene Hofpflaster freigelegt und den Vorgarten in Schuss gebracht. Stillstand gibt's nicht. Und handwerklich haben sie einiges drauf. Nachdem Ingrid schon einmal neu gebaut hat, sind Maurern und Pflastern immer noch ihre Lieblingsarbeiten. Seit 1969 an wechselnde Parteien vermietet, sah das Haus entsprechend verwohnt aus. Erwin und Ingrid mussten alles von Grund auf sanieren. Auch einige unerwartete Schäden entdeckten sie: Im Dachgeschoss nistete der Hausbock im maroden Gebälk, im Keller hatte es sich der Hausschwamm gemütlich gemacht. Viel Zeit haben die Neu-Moselaner bisher mit dem Wegstemmen von Beton verbracht. "Alles, was die letzten dreißig Jahre reingebaut wurde, haben wir wieder entfernt.", sagt Erwin. "Das Haus soll von der Optik und vom Ambiente her wieder genauso werden wie früher." Erwin und Ingrid haben bei den älteren Bewohnern des Dorfes Informationen zum früheren Aussehen des Hauses eingeholt. Altes Inventar wie der Ofen des letzten Frühmessers wird aufbewahrt und kommt nach der Restaurierung wieder zum Einsatz. Mit den anfangs etwas skeptischen Nachbarn haben die neuen Bewohner des Frühmesser-Hauses inzwischen ein gutes Verhältnis. Nachbarschaftshilfe wird groß geschrieben, und bei dem Winzer gegenüber verbringen sie die eine oder andere Stunde nach den Arbeiten in ihrem Haus. "Trotz allem sind die Wochenenden an der Mosel für uns immer wie Urlaub", sind sich beiden einig. Eine Art Abenteuerurlaub, denn zurzeit schlafen die beiden noch auf Luftmatratzen inmitten ihrer Baustelle. In der provisorischen Küche nehmen sie ihre Mahlzeiten an einer Bierzeltgarnitur ein. Aber die Hobby-Restauratoren sind nicht zimperlich. Am Wochenende ist ein staub- und schmutzresistentes Outfit angesagt. "Wir sehen immer aus wie die Kellerkinder", sagt Ingrid lachend. Aber die Arbeit macht beiden Spaß. Jeder macht alles: Ob mit Hilti, Staubmaske und Ohrschutz bewaffnet die Fliesen von den Wänden zu entfernen oder im Vorgarten das Unkraut zu jäten. Erwin und Ingrid sind ein eingespieltes Team. Zurzeit stellen sie das Nebengebäude fertig, das als Ferienhaus vermietet werden soll. Anschließend wird das Haupthaus in Angriff genommen. Bis die beiden selbst auch in ihrem Haus wohnen können, vergehen noch Jahre. Bis dahin gibt es sicher noch einiges über Erwin und Ingrid aus dem Frühmesser-Haus zu berichten.

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