Abschied von einer Königin

ZELTINGEN-RACHTIG. Mit einer großen Feierstunde haben sich die Rachtiger in der Pfarrkirche St. Marien von ihrer alten Balthasar-König-Orgel dem Jahr 1739 verabschiedet, die jahrzehntelang treu ihre Dienste getan hatte. Die altgediente Kirchenorgel wurde jetzt abgebaut. In einem Jahr soll an ihrer Stelle die "Neue Orgel im historischen Gewand" stehen.

Ein letztes Mal brachten Theresia und Josef Thiesen sowie der Rachtiger Organist Franz Rudolf Kön die alte "Königin" zum Klingen, unterstützt durch das Blechbläser-Ensemble des Musikzuges Deutschherren Rachtig unter der Leitung von Edgar Kropp. Zur Historischen Feierstunde mit Andacht hatten Pfarrer Stephan Feldhausen, der Verwaltungsrat und der Orgelförderverein eingeladen. Zusammen mit Diakon Hermann Hower hielt Feldhausen die Schlussandacht. "Wir verabschieden uns heute von unserer alten Orgel, die uns lange Zeit treue Dienste geleistet und unseren Gesang bei frohen und traurigen Ereignissen begleitet hat ", sagte der Pfarrer.Der Vorsitzende des Orgelfördervereins, Egon Kappes, dankte allen - Privatpersonen, Gruppen und Vereinen -, die während der letzten acht Jahre als Mitglieder des Fördervereins, als Spender, Förderer oder auf andere Art und Weise großes finanzielles Engagement für das Projekt "Neue Orgel im historischen Gewand" zeigten. Sein besonderer Dank galt dabei Dechant Manfred Müllers als "Geburtshelfer" des Projektes. Die stolze Summe von rund 350 000 Euro wird die neue Rachtiger Orgel kosten, wobei durch Spenden bereits rund drei Viertel dieses Betrags zusammen gekommen sind."Wir sind fast am Ziel", konnte Kappes seine große Freude nicht verbergen. Die Auftragsvergabe an einen erfahrenen Orgelbauer sei erfolgt (der TV berichtete), das Genehmigungsverfahren beim Bischöflichen Generalvikariat sei abgeschlossen und die Finanzierung gesichert, betonte Kappes.So waren Wehmut und auch Freude bei der Abschiedsstunde zu verspüren. Denn mit dem letzten Orgelton in der Kirche wurde gleichzeitig der Beginn des Neuen eingeleitet. Dort, wo am Festabend noch Orgelklänge ertönten, hallten schon am nächsten Morgen Hammerschläge durchs Kirchenschiff.Orgelpfeifen gehen auf die Reise nach Polen

Zwei Tage lang wurde das Orgelgehäuse komplett abgebaut, die verwendbaren historischen Teile gehen in die Werkstatt der Orgelbaufirma Weimbs in Hellenthal in der Eifel und kommen restauriert wieder.Den Rest übernimmt der polnische Orgelbauer Jan Drozdowicz, der zusammen mit vier Helfern nach Rachtig gekommen war und die Pfeifen in einer polnischen Kirchengemeinde wieder zu neuem Leben erwecken will."Im Krieg wurde viel zerstört, zahlreiche Orgeln warten auf ihre Wiederbelebung", erzählt Drozdowicz. Er ist Mitglied der ISO, der "International Organisation of Organbuilder" (Internationale Organisation der Orgelbauer). Er schätzt die gute Zusammenarbeit zwischen polnischen und deutschen Orgelbauern: "Wir haben schon sehr viele solcher Kircheninstrumente in Deutschland abgebaut, die dann in polnischen Kirchen eine neue Heimat gefunden haben", berichtet er. Allein in seiner Heimatstadt Posen gebe es 70 Kirchen.Über die Orgeln seien bisher gute Verbindungen zwischen Kirchengemeinden in Polen und Deutschland entstanden, die oftmals mit gegenseitigen Besuchen intensiviert werden. Auch dies sei eine besondere Art der Völkerverständigung am Vorabend von Polens Beitritt zur Europäischen Union, betont Drozdowicz. Für die Rachtiger Orgelteile heiße es nun, einen Pastor zu finden, "der Lust und Geld hat", schmunzelt er.Doch zurück an die Mosel: Bis die Nachfolgerin der alten Balthasar-König-Orgel auf der angepassten Empore in St. Marien Rachtig zum ersten Mal von sich hören lässt, wird es noch ein Jahr dauern.Für Ersatz ist aber gesorgt: Während der Bauphase lässt eine kleine Orgel in der Nähe des Altars die Kirchenmusik in Rachtig erklingen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort