Abschied von vertrauten Pillen

BERNKASTEL-WITTLICH. "Aber ich habe diese Tabletten doch letztens noch bekommen", hören die Apotheker auch im Kreis Bernkastel-Wittlich seit Monatsanfang häufiger von ihren Kunden. Vor allem ältere Patienten sind verunsichert, seit zum 1. Juli mehr als 5000 Medikamente aus den Regalen verschwanden.

 Für die Kunden ist es eine Umstellung: 5000 Medikamente verschwanden zum Monatsanfang aus den Regalen der Apotheken (hier die Rathaus-Apotheke in Wittlich). Nicht alle Patienten sind darüber froh.Foto: Sonja Sünnen

Für die Kunden ist es eine Umstellung: 5000 Medikamente verschwanden zum Monatsanfang aus den Regalen der Apotheken (hier die Rathaus-Apotheke in Wittlich). Nicht alle Patienten sind darüber froh.Foto: Sonja Sünnen

"Das kann doch nicht wahr sein, ich habe das Medikament doch bis jetzt immer eingenommen." Solche Sätze bekam Rudolf Bammes in den vergangenen Wochen öfters von seinen Kunden in der Landscheider Eifel-Apotheke zu hören. "Viele Patienten waren verängstigt, weil sie dachten, dass ihre bisherigen Medikamente als gesundheitlich bedenklich eingestuft wurden", sagt Anke Engbarth von der Brücken-Apotheke in Traben-Trarbach. Eine unbegründete Sorge, wie die Apotheker derzeit verunsicherte Kunden beruhigen: Keines der seit vier Wochen nicht mehr erhältlichen Mittel wurde wegen einer medizinischen Indikation vom Markt genommen.Neues Gesetz ist Grund für Verbot

Der Grund für das Verkaufsverbot der über 5000 Medikamenten ist rechtlicher Natur (der TV berichtete). Seit 1978 schreibt das Arzneimittelgesetz (AMG) vor, dass nur jene Medikamente eine Zulassung bekommen, deren Wirksamkeit und Unbedenklichkeit in Studien nachgewiesen ist. In der zehnten AMG-Novelle legten die Gesetzgeber vor zwei Jahren fest, dass zum Stichtag 1. Juli 2003 all jene Produkte aus den Regalen verschwinden, für die die Hersteller keine Nachzulassung beantragt hatten. Deshalb entfernten Apotheker auch bekannte und häufig nachgefragte Mittel wie Wick Vaporup-Erkältungsbalsam, Mobilat-Salbe oder Paracetamol-Kopfschmerztabletten aus ihrem Sortiment. Doch vor allem pflanzliche Heilmittel sind von dem Marktverbot betroffen. "Gerade bei pflanzlichen Mitteln lohnt sich für die Unternehmen die kostenaufwändige Nachzulassung nicht, da Wirksamkeit und Unbedenklichkeit für jeden einzelnen Wirkstoff nachgewiesen werden müssen", erklärt der Präsident der Apothekerkammer Rheinland-Pfalz, Hartmut Schmall. Um mangelnde Versorgung brauchen sich die Patienten deshalb nicht zu sorgen: Unter den verbleibenden rund 58 000 zugelassenen Medikamenten lässt sich für jedes Mittel der Löschliste eine Alternative finden. Zudem gibt es für einige Präparate Nachfolge-Produkte - etwa bei Wick Vaporup. Doch nicht immer entsprechen die neuen Mittel auch in ihrer Zusammensetzung den Vorgänger-Präparaten. So enthält beispielsweise der gleichnamige Nachfolger des Kopfschmerzmittels Migrenin andere Wirkstoffe als sein Vorgänger. Oder statt eines Herzmittels, das die Wirkstoffe von Weißdorn und Magnesium kombiniert, müssten Patienten nun auf reine Weißdorn-Präparate zurückgreifen und Magnesium bei Bedarf zusätzlich einnehmen. "Jeder, der irgendetwas hatte, mit dem er zufrieden war, ist nun erstmal unzufrieden", sagt Ulrike Klatt von der Rathaus-Apotheke in Wittlich. "Besonders ältere Patienten sind verunsichert, da sie nun auf neue Medikamente eingestellt werden müssen", erklärt Rita Bender von der Hirsch-Apotheke in Manderscheid. Verunsichert waren jedoch nicht nur einige Patienten, auch die Ärzte mussten sich umstellen. Manche Apotheker berichten von bis zu zehn Rezepten täglich, auf denen ausgemusterte Mittel verschrieben wurden, da den Ärzten die Löschliste nicht vorlag. Die Apotheker haben die Übersicht der betroffenen Präparate zwei bis drei Wochen vor dem Stichtag bekommen. Zu kurzfristig, sagen manche - andere fanden die Vorbereitungszeit für das bislang umfangreichste Marktverbot als ausreichend. "Das ist für niemand plötzlich gekommen. Nicht rechtzeitig informiert waren die Ärzte", sagt Reinhard Klingspor, Inhaber der Mosel-Apotheke in Kröv.Apotheker: Verbot zum Wohle der Patienten

Dass das Verbot für ungeprüfte Medikamente trotz Verunsicherung zum Wohle der Patienten ist, steht bei den Apothekern im Kreis außer Frage. "Das erhöht den Verbraucherschutz", sagt Apotheker-Präsident Schmall. Insgesamt, so der Grundtenor der Apotheker im Kreis, habe man mit mehr Verwirrung und Protest der Patienten gerechnet. Ein Verdienst auch von Medien-Berichte, die das Thema aufbereitet haben.

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