Äpfel und Nüsse statt Kugeln

BERNKASTEL-WITTLICH. Ob "Stappklos" im Hunsrück oder das weiß gewandete Christkind: Weihnachtsbräuche gab es schon immer viele. Einige werden auch heute noch praktiziert.

Weihnachten - ist es ein besinnliches Fest oder eines unter vielen oder einfach nur noch Kommerz? Die Antwort wird verschieden ausfallen, je nach Standpunkt, nach Alter, aber auch nach Wohnort. Während in Frankreich und in den anglo-amerikanischen Ländern Weihnachten fröhlich und lustig gefeiert wird oder die Urlauber unter Palmen sich im Badeanzug mit Cocktails zuprosten, ist Weihnachten in Deutschland besinnlich und ruhig geblieben. Selbst die Jugend macht mit, wenn es heißt: Familienfest Weihnachten steht an. Geändert hat sich in den letzten Jahrzehnten schon einiges. Die Weihnachtsatmosphäre ist in den Advent vorverlegt worden. Ab dem 27. Dezember sind weihnachtliche Songs out. Die Älteren bedauern dies, die Jungen kennen es so. Brauchtum bedarf der ständigen Modifikation, damit es überlebt.Ein Blick in die Geschichte zeigt deutlich, dass dies in der Region Eifel-Mosel-Hunsrück seit Jahrhunderten so gehandhabt wird. Oder wussten Sie, dass der Weihnachtsbaum sowohl im Hunsrück, als auch in der Eifel erst in der guten alten Zeit nach 1880 eingeführt wurde; die häusliche Weihnachtskrippe gar erst ab 1920 verbreitet wurde? Noch früher brachte St. Nikolaus die Weihnachtsgeschenke. Erst Martin Luther führte die Bescherung durch das Christkind ein, die nach langem Zögern von den Katholiken übernommen wurde.Im Hunsrückort Götzenroth bei Kleinich hat sich dies bis heute erhalten. Zusammen mit dem "Stappklos", einer Furcht einflößenden Gestalt, vergleichbar dem Knecht Ruprecht, zieht das in weiße Kleidung und mit weißem Schleier verhüllte Christkind an Heiligabend von Haus zu Haus. Es wird von den Eltern empfangen und verteilt die ihm überreichten Geschenke an die Kinder. Ähnliches wird im Wittlicher Stadtteil Bombogen praktiziert, aber auch in einigen Dörfern der Vulkaneifel. Bis Mitte des 20. Jahrhunderts fand die Bescherung am Weihnachtsmorgen statt. Heute ist allenthalben der Heiligabend gang und gäbe.In der hiesigen Region hat ein Dichterbereits vor 120 Jahren das Weihnachtsfest in Verse gefasst. Der "Chressdag Morjen" des Eifeldichters Peter Zirbes (1825 bis 1901) ist aktueller denn je, auch im Hinblick auf das menschliche Zusammenleben. Seit Peter Zirbeswurde viel über die besinnlichen Tage geschrieben, Gedichte verfasst, Erzählungen wieder gegeben. Auf den Weihnachtstellern in der armen Eifel-Mosel-Hunsrück-Region fanden sich bis vor dem Zweiten Weltkrieg hauptsächlich Äpfel, Nüsse, Birnen, Trockenobst und selbst gebackene Plätzchen. Der Schmuck der nach 1870 verbreiteten Fichte für den "Chrestboam" bestand ausPapierblumen,Äpfeln, Nüssen und Zuckerwerk. Sein Aussehen wandelte sich. Farbige Glaskugeln und Beleuchtung durch aufgesteckte Wachskerzen bildeten lange Zeit den allgemein gebräuchlichen Schmuck, ergänzt durch Lametta und anderes Glitzerwerk. Um 1960 kam die elektrische Beleuchtung der Bäume.Mit dem Christbaum ist seit einem knappen Jahrhundert auch die figürliche Darstellung des Weihnachtsevangeliums verbunden - die Weihnachtskrippe.Erste Nachrichten über Kirchenkrippen in der Eifel sind 1621 aus dem Kloster Niederprüm überliefert. Vorläufer der Krippen waren weihnachtliche Motive auf Takenplatten. In der Hütte Eisenschmitt entstand 1580 eine Takenplatte mit Krippendarstellung. Die Abtei Himmerod besaß 1685 eine Weihnachtskrippe.Im Laufe des 19. Jahrhunderts wurden in fast allen Kirchen Krippen aufgestellt. Als dann Förderer des Krippenbaus, wie der Lichtenborner Pfarrer Joseph Klassen auftraten, fand die figürliche Darstellung der Weihnachtsgeschichte Einzug in alle Familien.1926 schrieb Klassen: "Als ich vor Jahren in meinem Bergkirchlein die Weihnachtskrippe in etwas größerem Umfang als je zuvor aufbaute, dachte ich bei mir: Warum sollte das Eifelvolk nicht in die Zunft der Krippenbauer zu bringen sein. Ich redete nicht viel auf meine Dörfler ein, sondern ließ die Krippe selber sprechen. Und wahrlich (...) sie brachte es wirklich zuwege, viele Herzen förmlich in Brand zu setzen und wo früher die Hauskrippe kaum dem Namen nach bekannt war, da bosselte bald eine ganze Schar Krippenfreunde. Dass die alten Wurzeln und Knorren, dieses halb verfaulte, draußen in Wald und Busch so unbeachtete Zeug hier an der Krippe so fein zur Geltung kam, das hat den Bauernherzen immer wieder wohlgetan.(...) Kein Wunder, dass ich bald in den verschiedenen Häusern meiner Pfarrei wohlgelungene Nachahmungen der Kirchenkrippe fand. Alt und jung hatte zu bauen begonnen und wer nicht mittat, zeigte wenigstens seine Freude an den neuen Schöpfungen zu Ehren des Kindes von Bethlehem."

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