Ärger auf dem Campingplatz: Treue Gäste müssen gehen

Zeltingen-Rachtig · In Zeltingen-Rachtig gibt es Ärger auf dem Campingplatz. Der Grund: Der Gemeinderat hat beschlossen, die Anlage in einen reinen Wohnmobilstellplatz umzuwandeln. 28 Dauercamper, die teilweise seit mehreren Jahrzehnten an die Mittelmosel kommen, wollen das so nicht hinnehmen.

Läuft es schlecht für Reinhard Weiergräber, verbringt er seinen letzten Sommer an der Mosel. Schluss, Aus, Ende - und das nach zehn Jahren. Allein der Gedanke daran macht ihn traurig. "Das hier", sagt Weiergräber, "ist ein Stück Heimat geworden nach all den Jahren, und das soll jetzt einfach so zu Ende gehen?" Der Rentner ist ratlos. In kurzer Hose und blauem Poloshirt steht er auf dem Campingplatz in Zeltingen-Rachtig, hinter ihm sein Wohnwagen. Einen Steinwurf entfernt gleitet die Mosel dahin. In einem Prospekt würde der Reiseveranstalter einen solchen Standort als "beste Lage" bezeichnen.
Seit zehn Jahren kommt der Aachener mit Familie und Freunden an die Mittelmosel. Von April bis Oktober genießt er die Ruhe. Doch die Idylle hat wohl bald ein Ende. Denn bis Ende Oktober müssen er und seine Familie den Campingplatz verlassen und mit ihnen 27 weitere Dauercamper. Der Grund: Der Gemeinderat hat beschlossen, die Anlage zum Ende der Saison zu schließen.Unterschriften für Erhalt


Aus dem Campingplatz soll ein reiner Platz für Wohnmobile werden. "Seit Jahren kommen wir hierher, wurden mehrmals geehrt, und jetzt sollen wir schnellstmöglich verschwinden", berichtet Albert Middendorp aus der Nähe von Antwerpen. Der Belgier kommt seit den 1990er Jahren auf den Campingplatz. "Wir sind enttäuscht", sagt er.
Ortsbürgermeister Manfred Kappes kann die Enttäuschung verstehen. Er betont allerdings: "Der Hauptgrund für den Umbau sind die veralteten Sanitäranlagen. Deswegen gab es immer wieder Beschwerden." Eine Sanierung würde, so sagt er, "einige Zehntausend Euro" kosten. "Die Gemeinde ist hochverschuldet, das kann sie nicht stemmen."
Auf dem neuen Wohnmobilstellplatz wird es keine Sanitäranlagen geben - die Urlauber müssen Duschen und Toiletten in ihren Fahrzeugen nutzen.
Albert Middendorp, Reinhard Weiergräber und die anderen Dauercamper haben einen Brief aufgesetzt und Unterschriften gesammelt, um den Platz doch noch zu erhalten. Der Brief soll dem Gemeinderat übergeben werden. Darin sprechen sich die Camper für neue Sanitäranlagen aus. Sie halten das für die beste und kostengünstigste Lösung für alle Seiten. In dem Brief heißt es: "Die Umfunktionierung in einen Wohnmobilplatz würde sicher immense Kosten verursachen, wenn man bedenkt, dass eine Stromsäule rund 1000 Euro kosten würde und zusätzlich noch die Planierung des Geländes sowie Instandhaltungskosten dazu kommen würden." Einige Camper sind sogar bereit, neue Sanitäranlagen mitzufinanzieren. Ortsbürgermeister Kappes bemerkt jedoch: "Ich gehe nicht davon aus, dass neue Sanitäranlagen die günstigere Lösung wären." Es seien nicht viele Umbauten nötig, um den Wohnmobilstellplatz einzurichten, da bereits einige Veränderungen vorgenommen worden seien.
Pächter und Platzwart der Anlage ist Arthur Heppert. Wenn der Wohnmobilstellplatz kommt, ist er seinen Job los. Er wisse nicht, so verrät der Graacher, wie es für ihn im Herbst weitergehe. Die Geschäftsleute im Ort sind ebenfalls nicht froh über die Pläne. Kerstin Ames arbeitet in der Bäckerei Kunsmann. Sie sagt: "Die Camper kommen sehr oft zu uns, kaufen Brötchen und Brot." Auch im Supermarkt Nah und Gut gehören die Camper zu den Kunden, wie eine Mitarbeiterin dem TV verrät.
Dass die ausbleibenden Dauercamper Gastronomie und Geschäften im Ort in Zukunft tatsächlich Probleme bereiten könnten, glaubt Manfred Kappes nicht. Er habe die Hoffnung, dass auch die kurz-verweilenden Wohnmobil-Urlauber für Umsatz sorgen. "Schließlich sind die meisten Dauercamper auch nur am Wochenende da und nicht das ganz Jahr über", erklärt er.
Reinhard Weiergräber hat sich schon mal nach einem anderen Campingplatz umgeschaut. "Die Plätze in der Umgebung sind alle voll, es gibt Wartelisten für Dauercamper." Er habe den Eindruck, dass die Gemeindevertreter kein Interesse mehr an einem Verbleib der Dauercamper haben. "Das sieht man alleine daran, dass mit uns gar nicht über die Pläne gesprochen wurde." Lediglich über einen Zettel im Infokasten an der Anmeldung des Platzes sei ihnen mitgeteilt worden, dass sie die Anlage zum Saisonende verlassen müssen. "Was ist das für eine Vorgehensweise?", fragt er und schüttelt den Kopf.Meinung

Schweigen ist Silber, Reden ist Gold
Es gibt eine Menge Sprichworte, die das Schweigen preisen. Wie wär\'s mit dem hier: Hättest du geschwiegen, wärst du Philosoph geblieben. Oder das hier: Reden ist Silber, Schweigen ist Gold. In vielen Lebenssituationen ist es tatsächlich förderlich, einfach mal nichts zu sagen und den Mund zu halten. In dem Fall des Zeltinger Campingplatzes ist es allerdings anders. Hier hätte es heißen müssen: Schweigen ist Silber, Reden ist Gold. Denn wenn die Gemeinde frühzeitig mit den Dauercampern in Kontakt getreten wäre, und mit diesen über die Umbaupläne des Campingplatzes gesprochen hätte, wäre beiden Seiten viel Ärger und Enttäuschung erspart geblieben. Vielleicht hätte eine Lösung gefunden werden können, wie sowohl Wohnmobile als auch Wohnwagen und Zelte auf der Anlage Platz finden. Schließlich sind die Dauercamper nach eigener Aussage bereit, neue Sanitäranlagen mitzufinanzieren. Stattdessen aber entschied der Gemeinderat über die Köpfe der Dauercamper hinweg. Lediglich ein Zettel informiert sie darüber, dass sie den Platz bis Ende Oktober räumen müssen. Das ist nicht die feine englische Art. Bleibt abzuwarten, wie der Gemeinderat mit dem Brief umgehen wird, den die Dauercamper den Lokalpolitikern übergeben werden. Es wäre gut, wenn der Rat und Bürgermeister Kappes diese vielleicht letzte Chance nutzen würde, um endlich mit den treuen Gästen zu reden. Denn wie gesagt, manchmal ist Reden Gold. m.fritzen@volksfreund.de

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