Alarm "rund ums Herz"

BERNKASTEL-WITTLICH. Keiner wünscht sich die Situationen, die für Rettungskräfte Alltag sind. Alexander Becht vom DRK spricht über Schwerpunkte der Einsätze und gibt Tipps für das Verhalten in Notfällen.

Nicht nur im Kreis Bitburg-Prüm müssen Ihre Kollegen immer häufiger bei Herz-Kreislaufkomplikationen einschreiten, Einsätze bei Verkehrsunfällen sind rückläufig. Wie sieht die Bilanz bei Ihnen aus? Alexander Becht: Bundesweit hat die Zahl chirurgischer Notfälle rapide abgenommen. Hintergrund sind restriktive gesetzliche Auflagen im Bereich des Kraftfahrzeugverkehrs und drakonische Strafen aber auch modernisierte Unfallverhütungsvorschriften und nicht zuletzt ein hohes Maß weiterentwickelter Technik. Zugenommen hat dafür die Zahl der internistischen Notfälle um ein Vielfaches. Als Hintergründe hierfür sind primär zu nennen die Angst um den Arbeitsplatz und der damit verbundene Stress, teils sehr ungesunde Lebensformen und große soziale Probleme. So sind so genannte Herzinfarkte und weitere, gefährliche Krankheiten "rund um´s Herz" keineswegs mehr nur bei älteren und alten Menschen festzustellen, sondern - und dies erscheint besonders erschreckend - auch bei jüngeren Menschen, also oft unter 30 oder 40 Jahren. Was ist bei Verdacht auf einen Herzinfarkt zu tun? Becht: Man soll ohne zu zögern über die vorwahlfreien Rufnummern 112 oder 19222 den Notarzt anfordern. Der Ersthelfer sollte bis zum Eintreffen qualifizierter Hilfe darauf achten, dass der Patient ausnahmslos von irgendwelchen Anstrengungen befreit bleibt, dass er möglichst bewegungslos, jedoch nach seinen Wünschen, gelagert und betreut wird, und dass enge Kleidung geöffnet wird. In jedem Fall darf der Patient bis zum Eintreffen medizinischer Hilfe nicht unbeobachtet bleiben. Ein Transport in ein Krankenhaus, etwa mit dem Privat-PKW, muss unbedingt unterlassen werden. Welche Rolle spielen die chirurgische Notfälle wie zum Beispiel Verkehrsunfälle? Becht: Trotz des erwähnten Rückgangs spielen diese im Bereich medizinischer Notfälle eine besondere Rolle. Je nach Umfang und Schwere sind neben Notarzt und Rettungsdienst auch die Feuerwehren notwendig.. Zu geringe Abstände zum Vorausfahrzeug, teils extrem hohe Geschwindigkeitsübertretungen und ein recht wesentlicher Anteil von Alkohol-und auch Drogengenuss sind neben Unachtsamkeit, Eile oder Übermut meist Ursachen für Verkehrsunfälle, für schwere Unfälle am Arbeitsplatz, aber auch in Haus und Garten. Was ist aus Ihrer Sicht Grund für die Unfälle im Haushalt oder in Haus und Garten? Becht: So genannte Unfälle in Haus und Garten, die sich meist als äußerst gefährlich darstellen, geschehen in der Regel durch Außerachtlassung selbst leicht einzuhaltender Sicherheitsregeln und Leichtsinn. Außerdem spielt auch hier übermäßiger Alkoholgenuss eine oft wesentliche Rolle. Ein Beispiel ist auch der Einsatz von so genannten Brandbeschleunigern wie Benzin beim Grillen, von denen nicht nur die Verursacher meist schwer durch Brandverletzungen betroffen sind, sondern auch in der Nähe stehende Personen und viele Kinder. Wie verhält es sich bei Notfällen mit Kindern? Becht: Notfälle mit Kindern stellen nicht nur die Angehörigen, sondern auch die Erst- und professionellen Helfer vor oft große - auch emotionale - Schwierigkeiten. Gerade Kleinkinder können über meist sehr wichtige Belange keine richtigen Auskünfte geben und bedürfen daher schnellst möglich ärztlicher Hilfe. Gleiches gilt für die etwas älteren Kinder, die sich bei zu später oder gar unterlassener ärztlicher Betreuung - am Anfang für den Laien nicht erkennbar - in höchster Lebensgefahr befinden können. Die schon erwähnte emotionale Belastung von selbst langjährigen Helferprofis des ärztlichen und rettungsdienstlichen und Feuerwehr- und Polizeipersonals darf von niemanden unterschätzt, sondern sollte vielmehr in besonderem Maße gewürdigt werden. Weltweit gaben schon viele professionelle und Laienhelfer ihr eigenes Leben für die Rettung hilfloser, schwer erkrankter und verletzter Kinder. Alexander Becht, 56 Jahre, ist Kreisbereitschafts- und Gesamteinsatzleiter DRK im Landkreis Bernkastel-Wittlich. Die Fragen stellte unsere Redakteurin Sonja Sünnen.

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